Auf Entdeckungsreise in den Frankfurter Stadtteilen Flughafen: Der etwas andere Stadtteil

Sehenswert: Das Luftbrückendenkmal an der A5 inklusive „Rosinenbomber“.

Frankfurt (sh) – Nennt man einen Frankfurter Stadtteil, hat fast jeder ein bestimmtes Wahrzeichen, etwas für den Stadtteil Typisches oder auch ein Klischee vor Augen. Redakteurin Sabine Hagemann hat die Frankfurter Stadtteile besucht, sie erlaufen, auf sich wirken lassen und sich umgeschaut, was es dort neben den üblichen Sehenswürdigkeiten noch so gibt.

Die Tatsache, dass der Flughafen ein eigenständiger Stadtteil ist, hat mich zuerst überrascht. Auf den zweiten Blick erscheint es logisch: Es gibt eine Infrastruktur mit Einkaufsmöglichkeiten, Unterkünften, Gastronomie, Gotteshäusern, Büros, Bahnhöfen sowie Busverkehr und mit Gateway Gardens ist auf dem Gelände einer ehemaligen US-amerikanischen Militärsiedlung ein neuer Stadtbezirk entstanden. Natürlich darf man den Großteil der Fläche dieses Stadtteils nicht betreten – auf dem Rollfeld hat man schließlich nichts verloren. Mal sehen, was sich dort überhaupt zu Fuß und auf eigene Faust erkunden lässt.

Ich beginne in Gateway Gardens, wo mich eine grüne Skulptur begrüßt. Das „Einheitsmännchen“, das an ein Ampelmännchen der ehemaligen DDR erinnert, stammt von Künstler Ottmar Hörl. Ein „Flashmob“ von Einheitsmännchen-Figuren war Bestandteil der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung im Jahr 2015 in Hessen. Grün geht es in Gateway Gardens auch weiter, denn umschlossen von Hotels und Büros befindet sich eine naturbelassene, insektenfreundliche Parkanlage. Da das Frühjahr noch in den Startlöchern steht, hört man dort statt dem Brummen von Hummeln das Dröhnen von Triebwerken. Wer im Stadtteil Flughafen wohnt (die Seite der Stadt Frankfurt gibt die Einwohnerzahl mit rund 200 an), muss ein großes Herz für Flugzeuge haben. Faszinierend ist es aber schon, den Fliegern dort so nah zu sein.

Laut offizieller Gemarkungsgrenze gehört im Norden ein Stück des Frankfurter Stadtwalds zum Stadtteil Flughafen. Dorthin verschlägt es mich zunächst, denn ich will zum Wasserwerk Hinkelstein, wo laut Wikipedia mit zehn zwischen 66 und 143 Meter tiefen Brunnen etwa 18.000 Kubikmeter Wasser gefördert werden. Ein Hingucker ist das denkmalgeschützte kuppelförmige Maschinenhaus aus den 1890er-Jahren mit einer verglasten Laterne auf dem Dach, auf der eine Meerjungfrau thront.

Zurück zum Flughafen geht es über die Schwanheimer Bahnstraße. Ich habe die wahnwitzige Idee, mich entlang des Airportrings zu bewegen und den Stadtteil quasi zu umrunden. Es gibt sogar einen Fußweg, den man sich mit Radfahrern teilt. Neben mir rauscht die Autobahn und die Strecke zieht sich ordentlich. Ich bin schon schöner gelaufen. Ich bewege mich Richtung Westen und vor mir taucht das futuristische, riesige Bauwerk „The Squaire“ auf. 660 Meter ist es lang, 65 Meter breit und 45 Meter hoch. Darin befinden sich Büros, Hotels und Geschäfte, darunter der Fernbahnhof und über einen Verbindungsgang kommt man ins Terminal 1.

Ich marschiere weiter in Richtung Startbahn West, denn mich interessiert, was an den sogenannten „Planespotter“-Plätzen los ist. An verschiedenen Punkten hat man einen guten Blick auf die Startbahn. Das lockt Flugzeug-Liebhaber an. An dem sonnigen Sonntag halten dort Familien mit Kindern, Wanderer, die vom Wald aus einen Abstecher an den Flughafen unternommen haben, und Profi-Fotografen mit einer üppigen Auswahl an Objektiven Ausschau nach Fliegern. Manche haben sogar eine Klappleiter dabei, um über den Zaun fotografieren zu können. Ich freue mich, nach der langatmigen Strecke endlich wieder Menschen zu sehen.

Nachdem ich einen kalten, einsamen Tunnel, der unter der Startbahn West hindurchführt, hinter mich gebracht habe, will ich mich eigentlich zur östlichen Seite des Flughafens durchschlagen, aber ich kapituliere vor den Distanzen, springe in den nächsten Bus, der mich nach Mörfelden bringt. Dort lasse ich mich von der S-Bahn nach Zeppelinheim fahren. Von dort aus ist es nur ein kurzer Fußweg zu einem weiteren Aussichtspunkt für Flugzeug-Fans sowie zum Luftbrückendenkmal. Letzteres ist absolut sehenswert: Markantestes Objekt ist das Betonmonument mit drei Streben, dessen Gegenstück in Berlin Tempelhof steht. Es erinnert an die Versorgung der Berliner Bevölkerung, die von 26. Juni 1948 bis 12. Mai 1949 aufgrund der Blockade durch die sowjetische Besatzungsmacht eingeschlossen war, mit Essen und Versorgungsgütern aus der Luft durch die Westalliierten. Die drei Streben symbolisieren die drei Luftkorridore nach Berlin. Neben dem Monument befinden sich zwei restaurierte Maschinen, die bei der Luftbrücke im Einsatz waren. Die helfenden Flugzeuge trugen den Spitznamen „Rosinenbomber“ („Candy Bomber“), weil amerikanische Piloten gerne Süßigkeiten für die Berliner Kinder abwarfen.

Auch ein Berliner Kilometerstein ist auf dem Gelände des Luftbrückendenkmals an der A5 zu sehen, der an die ideellen und friedlichen Bemühungen um die Einheit Deutschlands erinnert. Ebenso ist ein Stück Berliner Mauer dort aufgestellt. Von Zeppelinheim aus mache ich mich schließlich wieder auf den Heimweg von diesem etwas anderen Stadtteil.

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