Niemand muss im Freien schlafen Hilfe in der Kälte: Nicht wegsehen, sondern anrufen

Johannes Heuser (links) und Kai Zitzer am Kältebus.

Ostend (jf) – Draußen scheint die Sonne, drin wird über die diesjährige Winteraktion gesprochen. Was bei Temperaturen um die 20 Grad ein bisschen skurril anmutet, wird bald wieder zur täglichen Arbeit des Caritasverbandes, des Diakonischen Werks, des Frankfurter Vereins, des Sozialdezernats und des Sozialamtes als Obdachlosenhilfe.

„Kein Mensch muss in Frankfurt auf der Straße schlafen. Doch nicht jeder ist in der Lage oder willens, die angebotenen Hilfen anzunehmen. Das ist bitter für die Betroffenen und die Helfenden und schwer zu ertragen“, erläutert Dezernentin Elke Voitl. Gegenwärtig leben 243 Menschen in Frankfurt auf der Straße, darunter 51 Frauen. Viele sind den Sozialarbeitern seit Jahren bekannt. „Es gibt keine Möglichkeit, diese Menschen gegen ihren Willen unterzubringen, solange sie sich nicht selbst oder andere gefährden“, fügt die Stadträtin hinzu.

Die Stadt hat mehr als 200 Notübernachtungsplätze, bei der Winteraktion kann das Angebot auf mehr als das Doppelte erweitert werden. „Die Notübernachtungsmöglichkeit, die es seit 2018 in der B-Ebene im U-Bahnhof Eschenheimer Tor gibt, wird gut angenommen. Auch im Sommer hatten wir um die 80 Menschen, die dort zwischen 21 Uhr und 5.45 Uhr geschlafen haben. Zurzeit prüfen wir, ob wir dieses Angebot ganzjährig aufrecht erhalten können“, erklärt Voitl.

Auch in den Räumen des Caritasverbandes in der Bärenstraße wird es ab 15. November wieder 30 Übernachtungsplätze für Männer geben. „Wir sind ein offener Tagestreff, bieten seit zehn Jahren in der Bärenstraße Mahlzeiten an. Die Leute können bei uns duschen und ihre Wäsche waschen. Außerdem stehen wir für Gespräche zur Verfügung“, sagt Stephan Griebel-Beutin, Abteilungsleiter Fachdienste für besondere Lebenslagen beim Caritasverband.

Für Frauen gibt es die Anlaufstelle 017 Ost. „Sie sind lieber für sich, auch wenn sie von den Männern abgetrennte Bereiche haben“, weiß Karin Kühn, Leiterin des Arbeitsbereiches Diakonische Dienste im Diakonischen Werk. Christine Heinrichs, stellvertretende Geschäftsführerin des Frankfurter Vereins, kennt die Lage der Obdachlosen seit vielen Jahren.

„Es geht nicht nur um die Winteraktion, wie wir im vergangenen Sommer gesehen haben. Besondere Bedingungen erfordern flexible Reaktionen. Also haben wir auch im Sommer Hilfe angeboten.“

Die Zahl der Obdachlosen ist in den vergangenen 18 Jahren relativ konstant geblieben. „Großereignisse wie der Weihnachtsmarkt locken Menschen in die Stadt, die jedoch nicht dauerhaft bleiben“, ergänzt Heinrichs.

Seit mehr als 20 Jahren fährt der Kältebus des Frankfurter Vereins durch die Straßen der Mainmetropole. Johannes Heuser gehört seit 17 Jahren zum fünfköpfigen Team. Der Bus, der bereits seit 15. Oktober zwischen 20.30 Uhr und fünf Uhr auf einer festen Route etwa 120 Kilometer in Frankfurt unterwegs ist, hat Schlafsäcke, Decken, Iso-Matten, heiße Getränke, Teekannen und Snacks an Bord. „Wir können bis zu zwei Personen mitnehmen, wenn sie eine Notübernachtung in Anspruch nehmen wollen“, sagt Heuser.

Sein Kollege Kai Zitzer ergänzt: „Im vergangenen Winter hatten wir mehr als 1000 Anrufe, in denen es um Menschen ging, die im Freien übernachteten. Das sind für uns Aufträge, denen wir nachgehen.“

Nicht oft gelingt es, Obdachlose davon zu überzeugen, die Nacht lieber in einer Notunterkunft zu verbringen. „Aber vor ein paar Tagen konnten wir eine Frau, die wir seit fünf Jahren kennen, mit viel Geduld in eine Unterkunft begleiten“, bemerkt Christine Heinrichs. Auch im kommenden Winter ist die Aufmerksamkeit der Bürger gefragt. Der Kältebus ist rund um die Uhr unter Z  069 431414 erreichbar, die städtische Hotline für soziale Notlagen hat die Rufnummer Z 069 21270070. Natürlich kann auch der Notruf 112 gewählt werden.

In Krisen werden einige Menschen lauter, andere eher stiller. Umso wichtiger ist es, dass alle Bürger aufmerksam sind – und auch gerne Hilfe holen.