Job-Talk am Lagerfeuer Bei miesem Job hilft nur beten?!

Jörg Heuser (rechts) im Gespräch am Lagerfeuer. F.: A. Zegelman/Bistum Limburg/p

Höchst (red) – Ute wäre gerne Aktivistin geworden. Das hat sie auf den weißen Aufkleber geschrieben, auf dem direkt unter der Linie für den Namen auch Platz für den Traumjob vorgesehen ist. Andere haben als Kind von einer Karriere als Tänzerin, Schwimmer, Schauspielerin, veganem Chefkoch oder Fußballer geträumt, wie auf ihrem Namens- und Traumjob-Schild zu lesen ist. Ein Mann hat dort „SAP-Berater“ notiert. „Schon als Kind?“, zieht ihn seine Sitznachbarin auf. Er schmunzelt. „Als Kind habe ich nur gewusst, dass ich irgendwas mit Computern machen möchte, und jetzt tue ich genau das. Ziel erreicht.“

Beim Job-Talk am Lagerfeuer geht es um die großen Fragen des Berufslebens. Bin ich glücklich mit meiner Arbeit? Werde ich ausreichend gefordert und gefördert? Fair bezahlt? Von meinem Unternehmen gut behandelt? Oder habe ich schon lange den Wunsch, mich endlich aus einem unglücklichen Job zu befreien? Darüber diskutieren gut 50 Berufstätige in der Kirche im Grünen- und nehmen einiges an Erkenntnissen aus dem Abend mit. So wie Michelle, der mit seiner Frau zum Job-Talk gekommen ist. Bei einer fünfminütigen Erzählrunde reflektiert er mit einer ihm zufällig zugelosten Teilnehmerin über seinen Werdegang. Eigentlich habe er davon geträumt, Profifußballer zu werden, berichtet der junge Mann; doch der Druck durch seinen Trainer sei so groß gewesen, dass er schließlich ausgestiegen sei. Heute ist er selbstständig im Fußballbildungsbereich unterwegs und arbeitet mit Kindern und Jugendlichen – „bisschen wie ein Fußballsozialarbeiter.“

Wie glücklich er damit ist, zeigt sich schon am Anfang des Abends, als Organisator Jörg Heuser fragt, wer in seinem Traumjob arbeite, und Michelle sich ohne zu zögern meldet. Dass er kein Profifußballer geworden ist, stattdessen Kinder durch Fußball inspiriert, ist für ihn der richtige Weg, meint er. Fazit: „Ich nehme aus dem heutigen Abend mit, dass man etwas nicht unbedingt erfolgreich machen muss, um es zu lieben.“

Zum Job-Talk eingeladen hat Jörg Heuser, Gemeindereferent und mit seinem Projekt Ankerplatz-ffm bei der katholischen Stadtkirche zuständig für den Bereich Kirche in der Arbeitswelt. Dafür hat sich Heuser mit Gärtner Stefan Hecktor zusammengetan, auf dessen Grundstück am Höchster Stadtpark sich die Kirche im Grünen der Pfarrei Sankt Margareta befindet. Der Organisator freut sich, dass so viele Berufstätige seiner Einladung gefolgt sind. „Mir geht es darum, Leute zum Austausch zusammenzubringen und zu schauen, was gebraucht wird“, sagt er. Danach möchte er zukünftige Projekte ausrichten – und vielleicht regelmäßig ans Lagerfeuer einladen.

Bei den Spielen und Gesprächen zum Thema Job zeigt sich, wie groß der Bedarf ist, sich mit Menschen aus ganz anderen Branchen offen auszutauschen. Dafür bittet Heuser die Teilnehmer zu Beginn, sich für Ja auf die eine, für Nein auf die andere Seite zu stellen und so seine Fragen zu beantworten: „Wer arbeitet noch bei seinem ersten Arbeitgeber? Wer hat mehr als dreimal seinen Job gewechselt? Wer hat schon einmal spontan gekündigt? Und wer hat ein Projekt so richtig in den Sand gesetzt?“ Zwischendrin interviewt er die Teilnehmer zu Details ihrer Berufshistorie. Und die antworten offen und ehrlich: Da wird von pleitegegangenen Firmen und abgelehnten Zulassungen erzählt, ein Klempner hat eine Baustelle unter Wasser gesetzt, ein Designer ist mit einem von ihm entworfenen Zahnarztstuhl nicht zufrieden. Und auch das Thema Mobbing wird angesprochen. Eine Frau erzählt, dass sie bei der Arbeit regelrecht schikaniert worden ist, und kämpft dabei mit den Tränen: „Das war eine schlimme Erfahrung, von der ich selbst jetzt, 20 Jahre später, noch ab und zu träume.“ Jörg Heusers Fazit: „Hier stehen auf beiden Seiten Leute unterschiedlichen Alters und Geschlechts. Manche Erfahrungen im Berufsleben sind universell und betreffen uns alle.“