Der Publizistin Polwin-Plass, deren österreichische Herkunft in ihrem charmanten Sprachbild unüberhörbar ist, und dem Biologen Gläser (beide haben Doktor-Titel) ist es eine Herzensangelegenheit, mit Vorurteilen aufzuräumen, denn beim ersten Blick auf die Metaller fällt der oft düstere oder martialische Kleidungsstil auf: Schwarz dominiert, es gibt Nieten, Leder oder mit Band-Aufnähern übersäte Jeanskutten, wilde Mähnen und T-Shirt-Motive, auf denen häufig Blut fließt oder Dämonen ihr Unwesen treiben. Was also mag dem Wacken-Gänger begegnen, wenn er sich mitten unter die Metalheads begibt? „Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Toleranz, Freundschaft – das macht den ,Homo metallicus’ aus“, sagt Polwin-Plass mit einem Lächeln. Das ist auch schnell im kleinen Dorf Wacken angekommen, das die schwarzgewandeten Fans ins Herz geschlossen habe, sagt sie. „Die Metalheads sind eine große, friedfertige Familie“, lautet ihr Fazit.
Im Buch geht das Autoren-Duo der Frage nach, ob Metal wirklich böser, hirnloser Krawall ist, der Jugendliche in den Selbstmord treiben kann, oder ob nicht eher eine Sündenbockfunktion hinter der Feindseligkeit gegenüber der Subkultur steckt. „Natürlich gibt es auch Bands mit hasserfüllten Texten, aber die sind in der Minderheit“, sagt Polwin-Plass.
Als „Wacken-Gänger durch und durch“ vermitteln die beiden Autoren die besondere Atmosphäre auf dem heiligen Acker mit gut gelaunten Feiernden, die – nachdem der Regen das Gelände in einen Sumpf verwandelt hat – im Rollstuhl sitzende Fans mit Hilfe von Seilkonstruktionen durch den Schlamm ziehen. Die zahlreichen Abbildungen öffnen zusätzlich die Scheuklappen, die mancher möglicherweise gegenüber der Metalszene haben könnte.
Neben dem einzigartigen „Wacken-Feeling“ – vom Bierstand bis zum Campground, von Metal-Choreografien und dem Erkennungs-Handzeichen der sogenannten „Pommesgabel“ – werden auch zahlreiche Charity-Aktionen beleuchtet sowie Gespräche mit Veranstaltern und Einsatzkräften geführt.
Das Buch macht nicht nur Lust, sich gleich Karten für das nächste Wacken-Open-Air zu besorgen. Die beiden Verfasser geben zum Beispiel im Gespräch mit Lina Khatib profunde Einblicke, womit die Metalszene im Mittleren und Nahen Osten konfrontiert wird. Zudem gibt es Kurzprofile aller Interview-Partner inklusive QR-Codes, die auf Polwin-Plass’ Internetseite metalogy .de führen, zu der Gläser als Autor ebenfalls Texte beisteuert.