Frankfurter Autoren-Duo bricht eine Lanze für Heavy-Metal-Fans Wacken als „perfektes Paralleluniversum“

Die „Pommesgabel“ ist das Erkennungszeichen: Lydia Polwin-Plass und Michael Gläser haben Wacken ein Buch gewidmet. Bild: sh

Frankfurt (sh) – Sommer, Sonne, Festivals. Freunde der Open-Air-Konzerte freuen sich alljährlich nicht nur auf tolle Musik im Freien, sondern auch darauf, jede Menge Gleichgesinnte zu treffen und eine tolle Zeit miteinander zu haben. Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und genauso breit gefächert ist auch das Festival-Angebot. Eins davon findet seit 1990 im hohen Norden statt. Einmal im Jahr verwandelt sich ein Acker am Rand des schleswig-holsteinschen Dörfchens Wacken in ein Heavy-Metal-Mekka (dieses Jahr übrigens vom 31. Juli bis 5. August). Unter den rund 85.000 Besuchern sind seit vielen Jahren die beiden Wahl-Frankfurter und begeisterten „Metalheads“ Lydia Polwin-Plass und Michael Gläser, die dem Festival, der Fangemeinde und der Philosophie des Metal nun ein 450 Seiten starkes Buch „Wacken – das perfekte Paralleluniversum“ (erschienen bei Hirnkost) gewidmet haben.

Der Publizistin Polwin-Plass, deren österreichische Herkunft in ihrem charmanten Sprachbild unüberhörbar ist, und dem Biologen Gläser (beide haben Doktor-Titel) ist es eine Herzensangelegenheit, mit Vorurteilen aufzuräumen, denn beim ersten Blick auf die Metaller fällt der oft düstere oder martialische Kleidungsstil auf: Schwarz dominiert, es gibt Nieten, Leder oder mit Band-Aufnähern übersäte Jeanskutten, wilde Mähnen und T-Shirt-Motive, auf denen häufig Blut fließt oder Dämonen ihr Unwesen treiben. Was also mag dem Wacken-Gänger begegnen, wenn er sich mitten unter die Metalheads begibt? „Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Toleranz, Freundschaft – das macht den ,Homo metallicus’ aus“, sagt Polwin-Plass mit einem Lächeln. Das ist auch schnell im kleinen Dorf Wacken angekommen, das die schwarzgewandeten Fans ins Herz geschlossen habe, sagt sie. „Die Metalheads sind eine große, friedfertige Familie“, lautet ihr Fazit.

Im Buch geht das Autoren-Duo der Frage nach, ob Metal wirklich böser, hirnloser Krawall ist, der Jugendliche in den Selbstmord treiben kann, oder ob nicht eher eine Sündenbockfunktion hinter der Feindseligkeit gegenüber der Subkultur steckt. „Natürlich gibt es auch Bands mit hasserfüllten Texten, aber die sind in der Minderheit“, sagt Polwin-Plass.

Als „Wacken-Gänger durch und durch“ vermitteln die beiden Autoren die besondere Atmosphäre auf dem heiligen Acker mit gut gelaunten Feiernden, die – nachdem der Regen das Gelände in einen Sumpf verwandelt hat – im Rollstuhl sitzende Fans mit Hilfe von Seilkonstruktionen durch den Schlamm ziehen. Die zahlreichen Abbildungen öffnen zusätzlich die Scheuklappen, die mancher möglicherweise gegenüber der Metalszene haben könnte.

Neben dem einzigartigen „Wacken-Feeling“ – vom Bierstand bis zum Campground, von Metal-Choreografien und dem Erkennungs-Handzeichen der sogenannten „Pommesgabel“ – werden auch zahlreiche Charity-Aktionen beleuchtet sowie Gespräche mit Veranstaltern und Einsatzkräften geführt.

Das Buch macht nicht nur Lust, sich gleich Karten für das nächste Wacken-Open-Air zu besorgen. Die beiden Verfasser geben zum Beispiel im Gespräch mit Lina Khatib profunde Einblicke, womit die Metalszene im Mittleren und Nahen Osten konfrontiert wird. Zudem gibt es Kurzprofile aller Interview-Partner inklusive QR-Codes, die auf Polwin-Plass’ Internetseite metalogy .de führen, zu der Gläser als Autor ebenfalls Texte beisteuert.