Felix Bernges, mit 23 schon Ortslandwirt, über die Lage in der Landwirtschaft Keine Planungssicherheit

Haben in der Landwirtschaft eine echte Herausforderung angenommen: Niederissigheims Ortslandwirt Felix Bernges sowie seine Frau Mandy. Auf dem Katrin-Hof in Niederissigheim halten sie 60 Kühe. Bild: Detlef Sundermann

Bruchköbel – Wer wie Felix Bernges seiner Angebeteten mit einem 700 Quadratmeter großen, im Acker eingesäten Herz den Heiratsantrag macht, dem kann es auch beruflich nicht an Einfallsreichtum mangeln. Doch auch für ihn heißt es nun – in der Zeit von Inflation, Dürreausfällen, hohen Auflagen und Krieg in der Ukraine – abwarten, wie sich der Katrin-Hof in Niederissigheim entwickeln soll, auf dem er in dritter Generation arbeitet. Bernges ist auch Ortslandwirt im Bruchköbeler Stadtteil Niederissigheim. Noch ist er einer von vier Bauern im Ort.

Die Preise über landwirtschaftliche Produkte gehen gegenwärtig ‘rauf und ‘runter, bemerkt Bernges. „Im vergangenen Jahr haben wir mit gut 60 Cent pro Liter fast den doppelten Preis für Milch erhalten als in den Jahren davor“, sagt er. Allerdings mit gedämpfter Freude, denn der Preisanstieg habe sich kaum im Lohn niedergeschlagen. Die Kosten für Diesel und Futter seien nämlich ebenfalls in die Höhe gegangen. Aktuell sei der Milchpreis um rund ein Drittel gefallen, nicht jedoch die Ausgaben. „Die Futterkosten sind immer noch hoch“, sagt Bernges. Durchschnittlich 60 Kühe hat er im Stall plus „Nachzucht“. Ein Teil des Futters kann er aus eigenem Anbau bestreiten.

Zum Hof zählen zudem 60 Hektar Ackerbau, vornehmlich Weizen und Raps sowie Luzerne für das Milchvieh. Im Vergleich zu anderen Höfen sei die Fläche eher klein. Je nach Witterung in der Saison kann er 200 bis 250 Tonnen Getreide auf den Markt bringen. Aber auch hier gebe es kaum noch stabile Einnahmen. „Bei Raps konnten wir 2022 einen extrem guten Preis erzielen, mittlerweile ist der wieder deutlich gefallen“, so der Jungbauer. Wann über die Börse für Agrarprodukte zu einem für den Landwirt auskömmlichen Preis verkauft werde, hänge nunmehr vom täglichen Geschehen in der Ukraine ab. „Der Weizenpreis schwankt stark mit der Kriegsentwicklung“, sagt Bernges. Wenn der Deutschlandfunk eine Reportage mit dem Titel „Bauern unter Druck – Krisenstimmung in der deutschen Landwirtschaft“ überschreibt, dann stimmt der Ortslandwirt dieser Generalaussage zu, glaubt jedoch zugleich an eine Zukunft für seinen Betrieb. Die Großeltern bauten den Hof auf, in einer Zeit als Niederissigheim noch ein richtiges Bauerndorf war. „In der Issigheimer Straße stand damals Hof an Hof.“ 1978 verließ man mit dem Betrieb die Ortsmitte, der Platz für Vieh und Maschinen reichte nicht mehr. An den Feldern zwischen Roßdorf und Niederissigheim wurde ein Aussiedlerhof errichtet. Felix Bernges Mutter stieg als zweite Generation ein. Ihr Vorname schmückt heute den Namen des Hofs. Der Vater ist in seinem Beruf als Landmaschinenmechaniker beim Maschinenbund der Bauern im Altkreis Hanau geblieben und hilft nach Feierabend im Betrieb, wenn Not am Mann ist.

Felix’ beide Brüder müssen nicht vom Hof leben, sie verdienen ihren Lebensunterhalt als Angestellte. Bernges Frau Mandy ist jedoch wie er voll in dem landwirtschaftlichen Unternehmen eingebunden, derzeit noch als Auszubildende. So könne der Betrieb ohne externe Beschäftigte auskommen. Und mit Blick auf den gemeinsamen, zweijährigen Sohn Lukas kann das Paar zumindest heute darauf hoffen, dass es noch eine vierte Generation werden wird. Die Leidenschaft für den Beruf der Eltern zeigt sich bereits im Spielzeug wie in den Minitraktoren und im furchtlosen Umgang mit Kühen.

Bernges sagt, dass er mit 23 Jahren der jüngste Bauer im Ort sei. Zwei seiner Kollegen seien hingegen über 60 Jahren alt und dächten bereits an den Ruhestand. Ob dies mit einer Aufgabe der Höfe verbunden sei, sei noch unklar. Die Situation sei nicht nur hinsichtlich der Preise an den Absatzmärkten schwierig, sondern auch ob der steigenden Anforderungen. Bernges kann seinen Betrieb daher nicht nach dem Motto „so lange es geht“ führen. Aber: „Planungssicherheit ist aktuell überhaupt nicht gegeben.“

Die beabsichtigte Investition in einen neuen Stall, um die Tierwohl-Auflagen optimal zu erfüllen, musste er zurückstellen. „Nun wird eine Strohlagerhalle entsprechend umgebaut und modernisiert“, sagt er. Ob er dafür Zuschüsse vom Bund oder der EU erhalten wird, kann er heute noch nicht sagen.

Die Option der Direktvermarktung, die sich noch zu Corona-Zeit als ein einträgliches Standbein abzuzeichnen schien, haben die Bernges mit Beginn des Kriegs in der Ukraine und den damit einhergehenden allgemeinen Preisanstiegen bei Lebensmitteln verworfen. „Die Inflation trägt überdies dazu bei, dass viele Leute nun sparen müssen – und das am ehesten beim Essen“, glaubt Bernges.

Dies ist auch mit ein Grund, warum der Katrin-Hof ein konventioneller Betrieb bleibt. „Bio-Landwirtschaft wird immer eine Nische sein, weil sie nicht die benötigten Mengen zu leistbaren Preisen für die meisten Verbraucher produzieren kann.“ Bio würde zudem eine große Umstellung bedeuten. Nicht allein die Kosten halten Bernges zurück: „Es gibt gewiss gute Ansätze in der biologischen Landwirtschaft, aber sie entsprechen nicht meiner Arbeitsweise und Überzeugung.“

Von Detlef Sundermann