Bruchköbel verabschiedet Pfarrer Dr. Martin Abraham Eine Stadt sagt „Auf Wiedersehen“

Für viele Bruchköbeler ist es ein schmerzlicher Abschied: Pfarrer Abraham (Zweiter von links) verlässt mit seiner Frau Katrin (Dritte von links) die Stadt. Auch Bürgermeisterin Sylvia Braun und Stadtrat Oliver Blum sprachen ihren Dank für sein Wirken aus. Bild: Ulrike Pongratz

Bruchköbel – Zum besonderen Anlass reichten die Sitzplätze in der Jakobuskirche nicht: Mit einem feierlichen Gottesdienst und anschließendem Sektempfang im Gemeindehaus wurde Pfarrer Dr. Martin Abraham schweren Herzens, aber mit vielen guten Wünschen für die Zukunft in Bruchköbel verabschiedet. 18 Jahre lang wirkte er in der Kirchengemeinde und über diese in die Stadt hinein.

Ende 2004 stand Pfarrer Abraham zum ersten Mal in der Jakobuskirche und die Gestaltung des Altarraums gefiel ihm sofort, wie er sagte. Und sie gefällt ihm bis heute. Er empfinde es immer wieder als Privileg, an diesem Ort das Evangelium zu teilen und das Wort Gottes weiterzugeben. Zu seiner Verabschiedung wählte er als Schriftlesung „Jona“, dessen Bild im runden Glasfenster hoch oben über dem Altarraum schwebt. „Immer öfter schaute ich auf diesen Jona, der nur halb zu sehen ist. Und konnte mich mit ihm identifizieren“, sagte Abraham in seiner Predigt. Im Dialog mit Pfarrer Holger Siebert, der den „Part“ des Jona übernahm, interpretierten die Geistlichen das Aufgabenverständnis des „Predigers“. Von Gott berufen zu sein, sein Wort zu verkünden und mit den Menschen die Feste des Lebens zu feiern, sei die positive Seite. Aber auch Pfarrer würden „den Moment, in dem der Sturm kommt und sie den Boden unter den Füßen verlieren“ kennen. Enttäuschungen mit Menschen, Beziehungen, die abbrachen oder manch ein Dienst in der Notfallseelsorge hätten auch Abraham nahe daran gebracht, den Stand zu verlieren. Das Bild „Jona“ des Künstlers Graham Jones ist doppeldeutig: Vielleicht zeigt das Bild beide Momente in einem, das Untergehen und das Auftauchen nach der Rettung. So wie es Pfarrer, überhaupt Christen erleben, die sich auf die Dynamik des Glaubens einlassen: „Nur wer sich der Tiefe stellt, nur wer vor Gott ehrlich ist, und seine Ohnmacht eingesteht, der erlebt auch die Auferstehung.“ Dass es keine Beständigkeit aus sich heraus gibt, sondern durch Gottes Gnade immer neu beschenkt wird, gehört zum tiefen Selbstverständnis von Pfarrer Abraham.

Dankbar blicke er auf die Zeit in Bruchköbel zurück, vor allem auf die Menschen, die helfen würden, Geduld, Liebe, Zuversicht weiterzutragen. Die Gemeinde sei ein großer Schatz, den noch nicht alle Mitglieder entdeckt hätten. „Das wäre das schönste Geschenk an so einem Tag, wenn immer mehr Menschen in Bruchköbel sagen könnten: Ich will danken dem Herrn, der mir geholfen hat“, schloss Martin Abraham seine Predigt.

Im Gottesdienst würdigten Dekan Dr. Martin Lückhoff und Kirchenvorsteherin Katja Heuer das vielfältige und Wirken Pfarrer Abrahams. Er habe in herausragender Weise, mit hohem persönlichen Einsatz seine Verpflichtung im Pfarrdienst „zu hören und zu beten“ ausgeübt. Die Menschen mit Predigen zu begleiten, die religiöse Bildung in Kita und Schule und vor allem die Seelsorge lägen Abraham besonders am Herzen. Er sei ein „Meister der leisen Töne“, sprachlich sensibel und kunstvoll. „Jona passt zu Ihnen“, sagte Lückhoff in Anspielung auf das Bild und die Dialog-Predigt, die Jakobuskirche ist. Es könne keine andere Kirche geben, die Theologe, Schöpfung und Glaube so widerspiegelt. Abraham sei ein „Menschenfischer“, der keine Angst habe vor großen Fischen. Er besitze eine theologische Richtschnur und Kompetenz im Pfarrdienst.

Kirchenvorsteherin Katja Heuer fiel es nicht leicht, sich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu bedanken und sich mit dem Geschenk des Kirchenvorstandes, einem „Gute-Wünsche-Baum“ zu verabschieden.

Nach dem Gottesdienst sprachen draußen auf dem Kirchenvorplatz Bürgermeisterin Sylvia Braun und Stadtverordnetenvorsteher Guido Rötzler für die Stadt, Pfarrerin Christine Kleppe für Kolleginnen und Kollegen im funktionalen Dienst, Simon Feucht für die evangelische Gemeinschaft, Aljet Harberts für den Posaunenchor, Ulrike Schwarz für die katholischen Pfarrgemeinden. Für die evangelische Gemeinde Issigheim hielt Dr. Karl-Heinz Schüßler-Walter eine Rede, für den Singkreis dankten Stephanie Kania und Ulrike Röll, für die Bürgerhilfe der Vorsitzende Hans-Joachim Legorjé und Schulleiter Matthias Doebel sprach das Grußwort für die Haingartenschule. Sie alle kennen Abraham aus dem beruflichen Kontext oder auch im persönlichen Umfeld bei Taufen, Trauungen, Konfirmationen oder Bestattungen. „Ein Seelsorger und Begleiter in allen Lebenslagen: Bruchköbel verbindet ganz besondere Zeiten mit Pfarrer Abraham“, sagte Bürgermeisterin Braun. „Die lange Gestalt, die mit Gitarrenkoffer die Hauptstraße entlangläuft“, sei präsent und sichtbar in der Stadt gewesen und habe über die Gemeinde hinaus gewirkt. Viele Redner betonten die Nähe Abrahams zu den Menschen, seinen Blick über die Kirche hinaus, seine Leidenschaft für das Thema Gerechtigkeit, sein offenes Ohr, seine Geduld und Ruhe, seine Spontanität im Posaunenchor oder im Singkreis auszuhelfen. Für die Ökumene sei das Wirken von Pfarrer Abraham, „all das zu tun, was möglich ist“, eine große Bereicherung gewesen.
 upo