Mit einer Zigarrenpresse fing die Geschichte des TSV 1860 Hanau an Stammtisch mit Völler-Schuh

Zigarren und Fußball: Norbert Engel (links) und Dieter Neidhardt präsentieren zwei Schätze der langen Vereinsgeschichte des TSV 1860 Hanau. Bild: michael bellack

Hanau – Denkt man an den TSV 1860 Hanau, denkt man unweigerlich auch an Rudi Völler. Der Fußball-Weltmeister von 1990 ist das berühmteste Kind der Stadt und lernte in der Jugend der 1860er das Fußballspielen. Kein Wunder, dass er bei seinem Heimatverein auch einen Schatz hinterlassen hat.

Wenn sich die „Alten 60er“ in früheren Jahren regelmäßig zum Stammtisch getroffen haben, dann brachte jeder Teilnehmer auch fünf D-Mark mit, die über längere Zeit gesammelt wurden und von denen dann gemeinsame Ausflüge des Stammtischs finanziert wurden. Ursprünglich wurde das Geld in einen umfunktionierten Aschenbecher geworfen. Das änderte sich jedoch Ende der 1980er-Jahre. „Rudi Völler hat uns einen Schuh mitgebracht. Er war zu der Zeit öfter mal Gast beim Stammtisch“, erinnert sich Dieter Neidhardt, seit 1968 ununterbrochen in zahlreichen Funktionen beim TSV 1860 aktiv, zwölf Jahre auch als erster Vorsitzender. „Rudi hat gesagt, dass er den Schuh bei einem Länderspiel getragen hat“, sagt der heute 79-Jährige. Dafür spricht auf jeden Fall, dass der Schuh vom DFB-Ausrüster Adidas ist, Völler damals von Puma gesponsort wurde – also nur bei der Nationalelf Adidas trug.

Der Schuh jedenfalls wurde dann schnell umfunktioniert, fortan wurden die Fünfer des Stammtischs beim Eintreffen der Ehemaligen in den Schuh geworfen. Mittlerweile ist die Tradition jedoch verblichen.

In weitaus schlechterem Zustand, dafür umso geschichtsträchtiger, sind die Stoffüberreste, die Neidhardt persönlich bei sich aufbewahrt. Es sind die Überreste der ersten Vereinsfahne des TSV 1860 Hanau. Diese ist sogar noch älter als der Verein selbst, wurde schon vom Vorgängerverein gekauft. Allerdings ist von ihr nicht mehr viel übrig geblieben. Am 6. Januar 1945 fallen nur wenige Bomben auf Hanau, anders als später am 19. März. Doch eine trifft das Vereinshaus des TSV 1860 Hanau am Sandeldamm und legt es in Schutt und Asche. „Das war das einzige Haus, das getroffen wurde. Links und rechts daneben stand noch alles“, erzählt Norbert Engel, der mit Neidhardt bereits zur Schule ging. Er war ebenfalls jahrelang im Vorstand von 1860 Hanau und auch in der Leichtathletik aktiv.

Vom Bombenangriff 1945 wurde nicht nur das zehn Jahre später wieder aufgebaute Vereinshaus zerstört, auch viele Stücke aus der Geschichte des damals schon 85 Jahre alten Vereins wurden unwiderruflich vernichtet.

In deutlich besserem Zustand dagegen ist ein Gegenstand, den man bei einem Sportverein so niemals vermuten würde: Eine Zigarrenpresse aus Holz aus dem frühen 19. Jahrhundert.

1848 wurde in Hanau ein Zweigverein der Assoziation der nationalen Zigarrenarbeiter gegründet, der Krankengeld und Hinterbliebenenleistungen sicherte. 1851 wurden 20 Mitglieder nach einer Denunziation verhaftet, später vom Kriegsgericht aber freigesprochen. Die Assoziation wurde dennoch aufgelöst. Einige ehemalige Mitglieder gründeten dann im Jahr 1860 den „Turnverein der Cigarrenarbeiter Hanau“, heute bekannt als TSV 1860 Hanau. Und die erste Vereinsfahne war die des Hanauer Tabakvereins.
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