„Mit Marl Rupp fing alles an“ Künstler Wolfgang Moosbrugger liebt Sachsenhausen

Der Schöpfer hockt sich neben den Kommissar Marl Rupp: „Da weiß man gleich, wer der Größte ist“, schmunzelt Wolfgang Moosbrugger. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Schwarze, schwere Pinselsträhnen, wie gefährliche Wellen, beinahe monströs. Darüber glucksende Kringel in Türkis und Violett, sprudelnd und leicht. „Die dunklen Gedanken lösen sich auf“, heißt die Bilderserie von Wolfgang Moosbrugger, entstanden 2014. Sie gehören zu Dutzenden von Zeichnungen und Malereien im Arbeitsraum in Sachsenhausen.

Im Fenster des hellen Ateliers in der zweiten Etage steht die Statue von Marl Rupp. Der „Ebbelwoi-Kommissar“ machte von Mitte 2006 bis 2008 die Seiten der Frankfurter Neuen Presse allfreitäglich lustiger und witziger. „Es ergab sich so, war ein Zufall, den Marl Rupp gibt es ja schon seit 1990, geboren wurde er in einem langweiligen Meeting einer Werbeagentur“, erklärt Wolfgang Moosbrugger, „mit Marl Rupp fing alles an.“

Die Zeitung war durch eine Ausstellung in der Heusenstamm Galerie auf den merkwürdigen Kommissar mit der langen, gelben Riesennase aufmerksam geworden. Die abstrakten „Dunklen Gedanken“ und der Schobben-Kommissar sind zwei Seiten eines Künstlers. „Nein“, wendet Moosbrugger sofort ein, „ich will nicht Künstler oder Maler genannt werden. Die Kombination Mal-Zeichner trifft es eher.“ Dennoch spiegelt das Werk eine große Bandbreite.

Comichelden nachgezeichnet

Angefangen hat alles mit Comic-Heften. „Ich lag auf dem Boden, zeichnete die Helden der Comics nach, das war wichtiger für mich als die Schule“, erzählte der 1950 in Heidelberg geborene Moosbrugger. 1956 zog die Familie nach Frankfurt, wohnte in der Nähe des Domes. Moosbrugger besuchte die Carl-Schurz-Schule, dann trafen die Eltern 1966 die Entscheidung, nach Heusenstamm zu ziehen. Für den Teenager Wolfgang brach eine Welt zusammen. „Der Umzug war hart“, sagt er über 50 Jahre später. Doch Frankfurt hat ihn nicht losgelassen, Moosbrugger absolvierte Praktika in Apotheken, studierte von 1977 bis 1980 Pharmazie in der Mainmetropole.

„Hat mich alles nicht wirklich interessiert. Aber endlich sprach ich mit meinem Vater, der in seiner Art übermächtig war, und sagte ihm, dass ich mich an der Hochschule für Gestaltung Offenbach bewerben will. Und was antwortete er? ‚Dann mach doch.’ Das hatte ich so nicht erwartet.“ Mit seiner Mappe voller Bilder und Zeichnungen wurde er sofort angenommen, schloss das Studium 1985 als Diplomgrafikdesigner ab. Vier stressige Jahre in Werbeagenturen folgten. Die 1990 getroffene Entscheidung, sich selbstständig zu machen, war eine richtige. „Auch wenn nicht pünktlich am Monatsende das Geld auf dem Konto war, die Freiheit war mir wichtig“, erklärt Moosbrugger und fügt hinzu: „Meine Frau Karin hat mich unterstützt, mir den Rücken freigehalten.“

Figuren für Ü-Eier entworfen 

„1992 meldete sich Ferrero auf eine Anfrage, fast 13 Jahre lang entwarf ich Figuren für die kleinen und großen Überraschungseier“, erzählt der Mal-Zeichner, deutet auf Vitrinen und Kartons: „Alles voll.“ Er war für die Figuren zuständig, die man zusammensetzen musste, die sich bewegten. Eine Ausstellung im Museum Angewandte Kunst 2004 zeigte über 300 dieser Arbeiten. „Das Technische an den Figuren und die Kleinteiligkeit mussten immer mitgedacht werden“, ergänzt Moosbrugger.

Zwischen „Dunklen Gedanken“, Marl Rupp und Ü-Eiern gibt es noch eine ganze Menge. Ein neues Atelier, das dritte in Frankfurt, wurde 2010 bezogen. Comic-Zeichenkurse für Kinder folgten, die fanden von 2011 bis 2016 statt. „Die Kreativität der Kinder hat mich manchmal überrascht. Hier, diesen Comic-Helden hat ein Zehnjähriger gezeichnet“, Moosbrugger hebt ein eingerahmtes Bild von Superman in die Höhe. Stimmt. Erstaunlich.

Sachsenhausen habe sich verändert 

Wolfgang Moosbrugger liebt Sachsenhausen. „Aber in den letzten 20 Jahren hat sich viel verändert. Das ‚Gemalte Haus’ zum Beispiel hat einen Burger mit auf die Tageskarte genommen, um den Geschmack junger Leute zu treffen“, meint der Mal-Zeichner. Er deutet auf ein modernes Gebäude; es sei das erste neue Haus in einem alten Hinterhof gewesen und passe nicht so recht ins Straßenbild. „Wir sollten mehr darauf achten, dass nicht alles einfach hingenommen wird, dass Werte der Gesellschaft geachtet und erhalten werden.“ Die Initiative „AltSaxNeu“, die sich – ein weiteres Mal – um ein besseres Image des Apfelweinviertels bemüht, findet er gut. 

Aber im Gegensatz zum Kommissar Marl Rupp ist Moosbrugger kein „Schobbe-Petzer“. Ein Besuch in einer der Apfelweinkneipen ist für den Erfinder des trinkenden und rauchenden Kommissars, der nicht sonderlich viel Wert auf sein Aussehen legt, die Ausnahme. Was ihn treibt, ist die Arbeit, ob zu Hause in seinem Arbeitszimmer oder im Atelier. „Ich kann nicht einfach so einen Stift oder Kreide oder einen Pinsel in die Hand nehmen, dann geht es auch sofort los“, sagt er. Genügend noch unverbrauchtes Material steht neben den vielen Zeichnungen und Bildern und Figuren im Atelier. Die nächsten Ausstellungen sind ebenfalls geplant – da überlässt Moosbrugger im Gegensatz zu Rupp nichts dem Zufall.