Einhard-Preis 2019 an Emmanuelle Loyer aus Paris verliehen Biografie über Claude Lévi-Strauss bezaubert

Den Einhardpreis 2019 verlieht Aloys Lenz im Namen der Einhard-Stiftung an Emmanuelle Loyer aus Paris. Foto: ha

Seligenstadt (beko/red) – An diesem Wochenende ist in Seligenstadt zum elften Mal der Einhard-Literaturpreis verliehen worden. Preisträgerin 2019 ist die französische Historikerin Emmanuelle Loyer. Sie erhielt die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihre Biografie des französischen Ethnologen Claude Lévi-Strauss (1908-2009). Die Laudatio hielt die Malerin und Schriftstellerin Anita Albus.

Albus würdigte Loyers Werk als eine „ergreifende Biographie“ und „kurzweilige Lektüre“, die mit jedem Kapitel die Neugier des Lesers anstachele. Albus hob besonders „den Reichtum an Information, den Scharfsinn der psychologischen Analyse und die Richtigkeit der Schlussfolgerungen“ hervor, durch die das Buch zugleich ergreife, überrasche und bezaubere. Die Autorin lasse in ihrem Werk eine ganze Epoche wieder aufleben. Zur „Vielfarbigkeit und Lebendigkeit der Schilderung“ trügen vor allem auch die geschickt in den Erzählstrang eingeflochtenen Aussagen der vielen Zeugen, der Familienmitglieder, Mitarbeiter, Kollegen und Freunde von Lévi-Strauss bei. Angesichts der Fülle an Material, das die Autorin zu bewältigen gehabt habe, mute es wie ein Wunder an, dass Loyer ihr Werk in gerade einmal vier Jahren habe vollenden können.

In ihrer Dankesrede sagte die Preisträgerin Loyer, sie habe nicht versucht, „das Tun und Lassen eines großen Mannes zu schreiben, sondern das Jahrhundert von Lévi-Strauss zu durchqueren“. Der Ethnologe sei ein „ernster und exzentrischer, unruhiger und träumerischer Intellektueller“ gewesen, „ein Ästhet der Kultur und der Natur“, der seinen Blick auf viele Probleme der Welt von heute gerichtet habe: auf die Beziehungen zwischen Mensch und Tier, die neuen Elternschaften, die ökologischen Fragen und die Probleme der Entwicklung. „Und jedes Mal ist seine Respektlosigkeit gegenüber unseren Credos äußerst frappierend.“ Trotz seiner eigenen „gebeutelten Geschichte“, geprägt durch zwei Weltkriege, den Holocaust und Jahre des Exils in den Vereinigten Staaten, vermittele sein Werk stets einen „maßvollen Optimismus“. Die Krise des Fortschritts, die Lévi-Strauss analysiere und die wir heute „mit grausamer Intensität“ erlebten, zeige er dank seiner Art und Weise auf, die Wahrheiten seiner Zeit nicht zu teilen. „Die vergangenen Gesellschaften und die wilden Gesellschaften haben Antworten auf Probleme gegeben, die auch die unseren sind. Es ist nützlich, sie zu kennen, ja sogar, sie für unsere Zwecke aufzugreifen, um uns die Absonderlichkeit unseres historischen Wegs zu Bewusstsein zu bringen.“

Die Einhard-Stiftung wurde 1998 von Seligenstädter Bürgern zur Pflege des Andenkens an Einhard gegründet, den Berater und Biographen Karls des Großen. Alle zwei Jahre verleiht die Stiftung den mit 10.000 Euro dotierten Einhard-Literaturpreis für eine herausragende Biographie einer Persönlichkeit, deren wissenschaftliches, religiöses, politisches, künstlerisches oder wirtschaftliches Lebenswerk in einer engen Beziehung zu Europa steht. Zu den bisherigen Preisträgern zählen die Autorin Margot Friedlander, die Historiker Eberhard Weis, Otto Pflanze, John C.G. Röhl und Joachim Radkau, der Journalist und Publizist Joachim Fest sowie die Literaturwissenschaftler Irène Heidelberger-Leonard, Brian David Boyd, Hugh Barr Nisbet und Albrecht Schöne.

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