Spieletage schaffen Raum für Spaß ohne Smartphone Knobelei im großen Wohnzimmer

Karten, Würfel und Bretter, so weit das Auge reicht: Bei über 800 Auswahlmöglichkeiten findet jeder seine neue Lieblingsknobelei. Bild: l.m.löw

Seligenstadt – Die Spielanleitung auf Englisch lesen, die Figur auf dem Brett strategisch ziehen und die Taktik in der Gruppe argumentieren – mehr als 200 Schüler aus Seligenstadt, Klein-Krotzenbug und Aschaffenburg haben beim Auftakt der 12. Seligenstädter Spieletage „S(pi)eligenstadt“ Englisch, Mathematik und Deutsch in ihren Alltag geholt. Über 800 Brett-, Karten-, Würfel-, Strategie-, Wissens- und Partyspiele können im evangelischen Gemeindezentrum nach Herzenslust und Laune ausprobiert werden.

250 Menschen können sich an die Tische setzen und sich von 8 bis 22 Uhr in „Mensch-ärgere Dich nicht“, Monopoly und „Die Siedler von Catan“ messen: „Trotzdem ist es, als würde man bei uns in ein großes, familiäres Wohnzimmer eintreten“, sagt Mitorganisatorin Iris Reiß vom Katholischen Jugendbüro (KJB) Mainlinie. Gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendbüro der Stadt Seligenstadt, dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend Seligenstadt, dem Kinderclub im evangelischen Gemeindezentrum und der evangelischen Kirchengemeinde Seligenstadt und Mainhausen führt sie „Spiellisten“, erklärt Spielregeln und hat ein offenes Ohr für jedes Kind, das sie am Ärmel zieht: „Ich möchte zeigen, dass Kirche auch ein buntes, fröhliches Gesicht hat.“

Die Veranstaltung schaffe einen Raum, in dem jeder teilhaben kann – unabhängig von finanziellem und intellektuellem Stand. Immer wieder kämen Kinder, die sich ein teures Spiel zum Geburtstag wünschen, das sich die Eltern nicht leisten können: „Hier können sie es kostenlos ausprobieren.“ Nach „S(pi)eligenstadt“ können alle Bretter vom 26. Februar bis zum 12. März im Gemeindezentrum ausgeliehen werden. Von brandneuen Erscheinungen wie dem Partykracher „Fun Facts“, der Familienknobelei „Mein Königreich für ein Pferd“ und dem Quiz „Viva Quiz Vegas“ bis hin zu Erfindungen von regionalen Verlagen wie Amigos aus Dietzenbach oder Pegasus aus Friedberg finden alle ab zwei Jahren ihr neues Lieblingsspiel. Dabei entdecken auch solche, die sonst nie Würfel, Karten und Figuren in der Hand halten, ihr inneres Kind wieder: „Letztes Jahr kam ein Mittdreißiger zu uns, der von seiner Familie zum Spielen genötigt wurde. Drei Stunden später verabschiedete er sich begeistert mit den Worten ‘Ich komme wieder’.“

Auch Spielerfahrene lernen immer wieder etwas Neues. Ein Grundschüler erklärt seinen Freunden die Bedeutung des Klassikers „Das verrückte Labyrinth“: „Es heißt so, weil man Gänge verrückt, nicht weil es verrückt ist.“

Fast 1000  Menschen besuchen jährlich das Spielefest. Jung und alt, mit und ohne Handicap, erfahren und unerfahren rücken an den vollen Tischen zusammen, ziehen ihre Figuren sogar auf dem Boden: „Jeder findet seinen Platz“, versichert Reiß.

„S(pi)eligenstadt“-Höhepunkte sind die deutschlandweiten Turniere: Am heutigen Freitag versuchen 60 Personen in unter 30 Minuten 50 Puzzles zu knacken. Am Samstag um 14 Uhr werden die Hessischen Landesmeisterschaften in „Mensch ärgere Dich nicht“ ausgetragen. Und alle „Siedler von Catan“-Fans können sich am Sonntag ab 12 Uhr für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren. Wer heute oder am Samstag ins Gemeindezentrum kommt, kann mit etwas Glück zudem neue Prototypen von „Carcassone“-Autor Klaus-Jürgen Wrede testen.

Wer mal wieder ein paar sorgenfreie Stunden ohne Smartphone verbringen möchte, kann also mit seiner Familie am heutigen Freitag von 8 bis 22 Uhr, am morgigen Samstag von 12 bis 23 Uhr und am Sonntag von 12 bis 18 Uhr in der Jahnstraße 24 die Bretter aufschlagen. Wer alleine kommt, bleibt nicht lange ohne Spielpartner, versichert Iris Reiß.

Von Lisa Mariella Löw