Wanderausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ Schockerlebnis macht oft sprachlos

Sozialwissenschaftler Manuel Glittenberg stellte Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und ihre Folgen vor. Bild: hampe

Seligenstadt – Der Arbeitskreis „Willkommen“ hat die Wanderausstellung „Demokratie stärken – Rechtsextremismus bekämpfen“ nach Seligenstadt geholt. Sie ist noch bis zum 23. März im evangelischen Gemeindezentrum an der Jahnstraße zu sehen. Die Präsentation beschäftigt sich mit aktuellen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus. In seinem Einführungsreferat zeigte Sozialwissenschaftler Manuel Glittenberg von der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik „demokratische Handlungsoptionen“ auf. Wie kann man sich dem Rechtsextremismus und seinen Erscheinungsformen im Alltag stellen? Diese Frage bewegte zahlreiche Besucher des Abends.

So sagte eine Zuhörerin, sie sei bei entsprechenden Erlebnissen erst einmal „baff“, oft falle ihr erst später eine passende Reaktion ein. Man wachse mit bestimmten Werten, Grundlagen des Alltags, auf, so ein weiterer Besucher. Aber plötzlich werde dies infrage gestellt, oft verbunden mit verbaler Brutalität und Grobheit, die man nicht erwartet habe. „Das schockt und ist meist der Grund, warum man erst nicht reagiert und das sogar in Kreisen, in denen man dies vor zehn oder 15 Jahren noch nicht vermutet hätte.“ Oft erlebe man auch Gewaltverherrlichung, Aggressivität, Brutalität, enthemmte Sprache und Rassismus.

In einem ersten Schritt, so Manuel Glittenberg, solle man sich der Demokratie und der Menschenrechte mehr bewusst sein. Die Menschenrechte seien universell. Niemand müsse etwas dafür tun, damit die Menschenrechte auch für ihn gelten. Zudem gebe es Freiheitsrechte wie Mitbestimmung, Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Seit dem Jahr 2014 seien die Kinderrechte in der hessischen Verfassung verankert. Daran sehe man, dass die Menschenrechte nichts Statisches seien, sondern weiterentwickelt würden. So habe es erst 1994 eine Ergänzung gegeben, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.

Immer wieder behaupteten Rechtsextreme, die Meinungsfreiheit sei eingeschränkt – vor allem dann, wenn sie sich rassistisch oder diskriminierend äußern. „Diskriminierende Äußerungen gehören nicht zur Meinungsfreiheit“, entgegnet Glittenberg mit Verweis auf das Grundgesetz. Meinungsfreiheit habe ihre Grenzen da, wo körperliche und seelische Unversehrtheit von Menschen verletzt werde.

Kern der Ideologie der Rechtsextremen sei ein völkisch-homogenes Denken. Das werde heute teilweise sehr offen ausgesprochen, so beispielsweise im Parteiprogramm der AfD. Im rechtsextremen Weltbild gebe es so etwas wie einen einheitlichen Volkswillen, der nur umgesetzt werden müsse, erläuterte Glittenberg. Begriffe wie „Volksverräter“ oder der „wahre Wille des Volkes“ würden verwendet.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte habe überprüft, ob das Programm der AfD überhaupt auf dem Boden des Grundgesetzes steht: Im AfD-Wahlprogramm seien „sehr eindeutig andere Positionen formuliert“. Für das Institut ist klar, „dass die AfD eine rassistische und rechtsextreme Partei ist und nicht nur wegen Äußerungen einzelner Mitglieder, sondern wegen ihres Programms“.

Ebenfalls typisch, so Glittenberg weiter, sei die Konstruktion eines Bedrohungsszenarios, etwa mit dem Begriff „Flüchtlingswelle“. Er erinnerte an den Ausspruch des damaligen CSU-Innenministers Horst Seehofer, Migration sei „die Mutter aller Probleme“. Wenn Schlüsselakteure so sprächen, fühlten sich Rechtsextreme bestätigt.

Auch in der Präsenz von fünf Millionen Muslimen in Deutschland sehe die AfD eine Gefahr „für den Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung“. Mit dieser Formulierung, sagt Glittenberg, reduziere die AfD diese Menschen auf einen einzigen Faktor und stelle somit alle Muslime als Gefahr dar.

Von Axel Hampe