Klatsch und Tratsch vom Hexenberg

Erzählt vom Leben im Stadtteil Hexenberg: Ilse Stüven mit Moderator Cengiz Hendek.

Dietzenbach – „Da sind wir nachts um drei noch hingegangen zum Tanzen. Ins El Coral. Und um halb sechs wieder raus. Das war toll“, schwärmt Ilse Stüven. Die ehemalige Vorsitzende des VSG Dietzenbach erinnert sich beim Erzählcafé, das vom Verein Caglayancerit organisiert wird, an die Partys der 1970er und 1980er Jahre auf dem Hexenberg.

Als die geborene Frankfurterin 1972 in das Dietzenbacher Quartier umsiedelte, bestand die dortige Wohnsiedlung erst sieben Jahre. „Früher bestätigte ein Arzt, dass die Luft auf dem Hexenberg richtig gut ist und man daraus einen Luftkurort und ein Erholungsgebiet machen kann“, erzählt Ilse Stüven. Als sie vor 50 Jahren mit ihrem Mann und ihrem damals fünfjährigen Sohn ein Haus in Dietzenbach bezog, sah es dort viel grüner aus als heute. Auch auf der Danziger Straße standen noch keine Häuser: „Da haben unsere Kinder im Gestrüpp gespielt.“

Zu Beginn habe sie schwer Anschluss finden können, doch das änderte sich, als sich die gelernte Friseurin Arbeit in Dietzenbach suchte – im Salon von „Frau Schöler“, einer „waschechten Dietzenbacherin“. Nach der Arbeit zeigte ihr die Chefin die städtischen Sport- und Gesangsvereine. „Frau Schöler war also Ihre Integrationsbeauftragte“, stellt Moderator Cengiz Hendek vom Verein Caglayancerit mit einem Augenzwinkern fest.

Er führt das Gespräch mit Ilse Stüven. Nun möchte er von ihr wissen, was sie von dem ungeklärten Entführungsfall am Schwimmbad weiß: „Das war unterhalb. Ich wohne oberhalb der Berliner Straße. Keine Ahnung, was da unten ist“, winkt sie ab. Stattdessen erzählt sie von einem Sohn, der „oberhalb“ wohnte und auf seinen Vater geschossen habe.

Aber das eigentliche Kernthema des Abends – zumindest auch Titel der Veranstaltung – ist die Frage, wie der Grünkohl nach Dietzenbach gekommen ist: Die Familie ihres Mannes stammte aus Norddeutschland, weswegen er Ilse Stüven zum ersten Mal das grüne Gemüse auftischte, die davon dann so begeistert war, dass es sich in Dietzenbach herumsprach.

Nachdem sie mit ihrem Trainer Wendelin Keller Leichtathletik in der SG zu trainieren begann, engagierte sich Ilse Stüven im Laufe der Jahre immer mehr im Vereinsleben. Als ihr Sohn eingeschult wurde, gab es noch keinen Bus, sodass alle Kinder weit und unsicher bis zur Bonhoeffer-Schule laufen mussten. „Wir waren sehr abgekapselt. Auf der Seite vom Friedhof war auch kein Fußgängerweg. Ein Kind aus der ersten Klasse ist dort mit seinem Puppenwagen totgefahren worden.“ So setzte sich die Dietzenbacher Mutter sowohl für den Bürgersteig als auch für den Bus ein, klingelte an allen Türen im Hexenberg und sammelte Unterschriften. Mit Erfolg – heute ist beides da.

Sie habe die Attraktivitäten genossen, die der Hexenberg zu bieten hatte: So tanzte sie leidenschaftlich gerne mit ihrem Mann im ehemaligen El Coral: „Da, wo heute die Tafelrunde ist, unten im Keller. Gut kegeln konnte man dort auch.“ Ein leckeres Rumpsteak habe das erste Lokal vom Hexenberg angeboten: „Dort konnte man gut essen, Fasching feiern und Frühshoppen.“ Einkaufen gehen konnte sie noch im Edeka, der früher auf dem Hexenberg war, ihren Sohn schickte sie oft mit der Milchkanne zum Landwirt Wolf, um frische Milch zu kaufen.

Im Dietzenbacher Vereinsleben hat sie sich schon immer engagiert: In der Turnabteilung der SG organisierte sie den Kerb- und den Maitanz und fuhr als Turnwartin zum Turnfest nach Berlin. Als sie aus der Hauptstadt zurückkehrte, initiierte sie 15 Jahre lang ein großes Spielefest im Dietzenbacher Stadion mit allen Vereinen. Gemeinsam mit ihrem Mann rief sie eine Volleyballmannschaft ins Leben, die bis heute besteht. Wenig später wurde sie zur Vorsitzenden des VSG gewählt. Vor Kurzem hat sie die Führung des Vereins an die nächste Generation übergeben. Ins Yoga, zur Wassergymnastik, zu den Fahrradfreunden und zu den Weihnachtsfeiern geht sie aber nach wie vor. Heute sagt Ilse Stüven mit Stolz: „My home is my castle auf dem Hexenberg.“

Von Lisa Mariella Löw