Ein Wald, so bunt wie die Stadt Rundgang im Dietzenbacher Stadtwald

In den Tiefen des Dietzenbacher Waldes: Christian Münch (im Vordergrund), Leiter des Forstamtes Langen, erklärt die Situation im Wald. Foto: Towae

Dietzenbach (towae) – Noch liegt er hauptsächlich grau und braun dar mit wenigen grünen Sprenkeln Moos und Nadeln gleichnamigen Gehölz’, der rund 600 Hektar (sechs Millionen Quadratmeter) große Stadtwald, der Grüngürtel um die Kreisstadt. Dennoch ist er im Grunde ganzjährig bunt, denn wie die Stadt, so trägt diese grüne Lunge dem Prinzip gewachsenes Multikulti Rechnung, steht gewissermaßen symbolisch für die vielen hier lebenden Menschen aus über 100 Nationen. 

Dieser Mischwald sei gewünscht, betonte der Langener Forstamtsleiter Christian Münch von Hessen-Forst im persönlichen Gespräch anlässlich der rund zweistündigen Begehung des Stadtwalds mit Verantwortlichen des Landesforstamts. Schließlich ginge es ihnen nicht darum, dem Wirtschaftlichkeitsaspekt zu huldigen.

Denn trotz Nutzung und Einschlags (Baumfällungen) spielte dieser dem Selbstverständnis nach eine untergeordnete Rolle. Wäre dies jedoch oberstes Bestreben, so würde eine Monokultur mit Nadelgehölz entstehen müssen. Grund: Nadelholz ist wichtig für die Industrie, beispielsweise für die Palettenproduktion. Hierfür werde kein hochwertiges Holz wie Buche und Eiche benötigt, so Revierförster Andreas Keller während der Tour. Eine rund 160 Jahre alte Kiefer, nach Münch „eine Einzigartigkeit“, die ihren Zenit eigentlich lange überschritten hat, bekomme hier dennoch, aber auch gerade wegen der im Amt herrschenden Philosophie ihr Gnadenbrot, stehe unter der Obhut seines Kollegen Keller, stellte Münch mit einem Augenzwinkern und Schmunzeln fest.

Die Runde staunt

Dass darüber hinaus im Forstamt visionär gehandelt werden muss, verdeutlicht seine folgende Aussage: „Wir legen uns mit einer Baumart auf 200 Jahre fest.“ Bauern hingegen bestellten ihre Felder im häufigen Wechsel. Eine Inventur erfolgt alle zehn Jahre und eine Planung, der sogenannte Waldwirtschaftsplan, gilt wiederum für ebendiesen Zeitraum, so Forstreferendar Sebastian Walther, der im Oktober seine duale Ausbildung abgeschlossen haben wird. Besonderes Augenmerk bei dem Einwirken auf die Natur und den Baumbestand werde auf ein Gleichgewicht in Sachen Ernte und Zuwachs gelegt: Der jährliche Zuwachs im Stadtwald betrage 4200 Kubikmeter, der Einschlag belaufe sich auf 2600 Kubikmeter. Und um einmal die Zunahme von Biomasse des Stadtwalds innerhalb zehn Sekunden sowohl symbolisch als auch physisch vor Augen zu führen, zeigte Walther den Teilnehmern der Waldbegehung einen Holzklotz. Rund 17 mal neun mal neun Zentimeter betragen dessen Kantenlängen, summa summarum: zirka 1377 Kubikzentimeter oder 0,001377 Kubikmeter – Staunen in der Runde inklusive.

80 Prozent des geschlagenen Holzes wird übrigens ortsnah in der Region für die Region verarbeitet, beispielsweise in einem Aschaffenburger Holzwerk, und daraus hochwertiges Möbel gefertigt Das Thema Brennholz sei ein untergeodnetes, liefe unter der Rubrik Bürgerservice, so Revierförster Keller.

Kiefern bilden mit 47 Prozent das Gros des hiesigen Baumbestands, gefolgt von der Buche mit 34 Prozent. Fichten indessen seien im Rhein-Main-Gebiet wie eine Dattelpalme in der Antarktis, sagt Keller. Die Buchen jedoch, sie bereiteten den Waldflüsterern Sorge: „Wir sind gespannt auf die Vitalität im Frühjahr wegen des vorangegangenen Dürresommers“, antwortete Münch darauf, wie es denn um den Stadtwald bestellt ist. Die Buchen seien nämlich für sie betriebsbestimmend und haben gelitten wegen der Trockenheit. Von April bis August fiel die Niederschlagsmenge um gut 50 Prozent geringer aus als üblich. In Summe bedeutete dies rund 150 Liter Fehlmenge auf den Quadratmeter. Einen Lichtblick wgab’s jedoch: Die gelebte ökologische Waldbewirtschaftung, die den Einsatz chemischer Mittel wegen der Holzzertifizierungen zwingend untersagt, sei kein Subventionsgeschäft. „Wir geben einiges ab an die Stadt“, sagte Keller.