Langjähriger Bürgerhauschef Gustav Halberstadt gestorben Das Dreieicher Kulturleben geprägt

Auch wenn der Wind mal heftig blies, Gustav und Heike Halberstadt haben jeden Sturm gemeistert. Am 4. Mai ist der frühere Bürgerhauschef im Alter von 88 Jahren gestorben. Bild: p

Dreieich – Der letzte Vorhang ist gefallen. Das Bild hätte ihm bestimmt gefallen. Gustav Halberstadt, erster und langjähriger Chef des Sprendlinger Bürgerhauses, ist am 4. Mai im Kreise der Familie friedlich eingeschlafen. Bis zuletzt an seiner Seite: Ehefrau Heike, mit der er mehr als 61 Jahre lang verheiratet war. Der zweifache Vater und fünffache Opa wurde 88 Jahre alt.

Der Mann mit dem markanten silbergrauen Vollbart hat die Sprendlinger, später die Dreieicher Kulturszene geprägt wie kein anderer. Musik, Theater, Kunst – Halberstadt ging in seiner Arbeit auf und empfand seinen Beruf als Geschäftsführer der Bürgerhäuser als Berufung. Die Liebe zur Kultur ließ im Alter nicht nach. So lange seine körperliche Verfassung es ihm noch gestattete, besuchte er Konzerte oder Theaterstücke im Bürgerhaus und bei den Festspielen im Burggarten – und begleitete kritisch-konstruktiv, was Sohnemann Benjamin da so auf die Beine stellt. Der Filius hat 2005 die Leitung der Bürgerhäuser übernommen, für die der Papa 28 Jahre verantwortlich gezeichnet hatte; genauer seit der Eröffnung des Musentempels bis zum Eintritt in den Ruhestand Ende 1999. Auf Halberstadt folgte Till Friedrich, der aber nur fünf Jahre blieb.

Als das Bürgerhaus in Sprendlingen 1972 eingeweiht wird, sind nicht wenige Bürger skeptisch. Denn der Chef, gebürtiger Dortmunder und seit 1963 im Dreieichgebiet lebend, ist Quereinsteiger. Halberstadt kommt aus der Gewerkschaftsszene. Doch er bringt die Zweifler schnell zum Verstummen. Halberstadt ist ein Netzwerker par excellence, holt Weltstars ins Haus, hat aber auch immer ein offenes Ohr für die Kulturschaffenden aus den anfangs noch selbstständigen fünf Gemeinden genauso wie für Nachwuchsbands, denen er eine Bühne vor Publikum verschafft. Halberstadt macht sich einen Namen als Gestalter der Kultur- und Kunstszene – mit einem Bekanntheitsgrad weit über die Region hinaus. Er etabliert Reihen mit Kultstatus wie „Jazz in der Burg“ oder „Jazz am 1. Mai“, die bis heute erfolgreich überdauert haben. Auch an der Wiederbelebung der Burgfestspiele ist er maßgeblich beteiligt.

Feierabend kennt der umtriebige Impresario nicht. Das Familienleben kommt trotzdem nicht zu kurz, weil Ehefrau Heike beruflich und vor allem privat immer an seiner Seite ist. Die Halberstadts wohnen einen Katzensprung von ihrem Arbeitsplatz entfernt – in der heutigen Erich-Kästner-Straße. Da immer etwas anliegt, brennt nicht selten um 3, 4 Uhr noch Licht im Büro. Benjamin wird mit dem Bürgerhaus groß, kennt es von Kindesbeinen an. Einmal läuft er im Pyjama rüber, als die Eltern zu lange auf sich warten lassen und die ältere Schwester Annette bei Freunden übernachtet. Die Halberstadts sind eine Art Familienbetrieb. Bei den Festspielen traf man schon mal sieben von ihnen auf einen Streich. Annette saß mit Mama Heike im Ticketwagen, die Kinder Caspar, Fee und Delphine fungierten als Kartenabreißer und Platzanweiser, während Festspielchef Benjamin das große Ganze im Blick behielt und Gustav gespannt auf den Beginn der Show wartete. Das war ihm dann im vergangenen Sommer nicht mehr vergönnt, weil die Kräfte nachließen. Ganz ohne Kultur ging’s aber bis zuletzt nicht. Halberstadt war Mitglied der Jury, die über die Vergabe des Kulturpreises entschied.

Alle, die sich von Gustav Halberstadt verabschieden möchten, können das am Sonntag, 4. Juni, 11 Uh,r bei einem Gedenkfrühschoppen tun – auf dem Platz vor dem Bürgerhaus, der seinen Namen trägt. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.
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