Aktion „Achtung, Auto“ am Adolf-Reichwein-Gymnasium „Gehirn muss erst die Situation erkennen“

Wo kommt das Auto zum Stehen? Im Praxistest lernten die Fünftklässler des Heusenstammer Adolf-Reichwein-Gymnasiums unlängst, wie lange es tatsächlich braucht, bis die Reifen nicht mehr rollen. Foto: m

Heusenstamm (m) – Straßensperren, Verkehrshüte, Bremsspuren. Und wieder nimmt der voll besetzte Corsa Anlauf, um kurz darauf in die Eisen zu gehen. Was aussieht wie der Set für den neuen James Bond, entpuppt sich als Aktion „Achtung, Auto!“ des ADAC. Sie sensibilisiert alle Fünftklässler des Adolf-Reichwein-Gymnasiums für den Weg, den ein Fahrzeug braucht, bis es steht.

Jeder Schüler soll ein Hütchen dort auf den Bürgersteig stellen, wo der Wagen seiner Meinung nach hält. Fahrerin Annett Kramer bremst zuerst mit einer Geschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde ab, dann mit 50 „Sachen“. Nur wenige Kinder haben ihre Markierung am richtigen Punkt abgestellt. Bei Tempo 30 legt der Opel immerhin fast 13 Meter zurück, bis sich kein Rad mehr dreht.

Heikel wird es mit 50 Stundenkilometern. Dabei braucht die Pädagogin am Steuer stolze 19 Meter von dem Moment, in dem ein Mädchen die schwarz-weiße Fahne senkt und so das Kommando zum Halten gibt. Einer der Jungs würde den Versuch gerne mit Tempo 100 sehen – geht natürlich nicht, rund um die Schule ist 30er Zone, erklärt die Frau vom ADAC.

Kurz vor dem Ende der sechsten Schulstunde misst Fahrerin Kramer einige ihrer Zuhörer, die ihre Größe nicht kennen. Mit weniger als 1,50 Meter müssen sie für die Mitfahrt zum Bremstest nach hinten und auf einem Kindersitz Platz nehmen. Wichtig sei auch das korrekte Anlegen des Sicherheitsgurts. Ist er verdreht oder nicht richtig eingerastet, kann er beim starken Bremsen oder bei einem Unfall schwere Verletzungen verursachen.

Im C-Gebäude zwischen Treppenhaus und Musikraum rannte zuvor eine Gruppe Kinder los, versuchte, ab einer markierten Stelle möglichst schnell anzuhalten. Die Punkte, an denen sie schließlich standen, wird mit einem Kreide-Kreuz markiert. Dann rennen die Mädchen und Jungen wieder los. Diesmal wissen sie aber nicht, wann ein Mitschüler die Zielrundenfahne schwenkt, damit die Läufer stoppen. Die Kreuze am Boden liegen deutlich hinter denen der ersten Runde. Und einige der cleveren ARGler erkennen gleich, was geschehen ist: „Wir haben ja nicht gewusst, wann wir stehen bleiben sollen.“

Oder wie es Verkehrserzieherin Kramer formuliert, „das Gehirn muss erst die Situation erkennen und den Muskeln befehlen, die Bewegung zu beenden.“ Und während dieses Vorgangs flitzt der Mensch ungebremst weiter. So ist das auch für einen Fahrer, dem unvermittelt ein Kind vors Auto läuft: Ihm muss erstmal gewahr werden, was geschieht, erst dann kann er aufs Bremspedal treten.

Die Zehn- und Elfjährigen brauchen nicht lange, bis sie die Wörter und Zeichen auf Pappkarton in die richtige Reihenfolge auf den Boden gelegt haben: „Reaktionsweg + Bremsweg = Anhalteweg“. „Achtung, Auto!“ ist eine Idee, die Mitte der 90er Jahre aus Österreich übernommen wurde. Um den „Stoff“ im Unterricht aufzuarbeiten, erhalten die Klassenlehrer reichlich Material vom ADAC an die Hand.