Andreas Dippelhofer trug bei Kolping-Sitzung letztmals das Protokoll vor Abschied von einem Urgestein

Die Gesangsgruppe „Wurzelwerk“ kommentierte auf ihre Weise heiter-ironisch das aktuelle Geschehen und erntete dafür viel Applaus. Bild: m

Mühlheim – Unter den närrischen Programmen ist der Kappenabend der Dietesheimer Kolpingfamilie schon fast eine Jugendsitzung. Neben den Mädchen in der Garde gestaltet die Katholische Jugend heitere Szenen, und auch die Dalles Cowboy gehören längst nicht zum alten Eisen. Durch den Reigen im Pfarrheim St. Sebastian führen charmant Desiree Straub und Christian Spahn.

Mit Andreas Dippelhofer verabschiedete sich ein „Wahres Urgestein“ aus dem Kreis der Fastnachter. Ein letztes Mal brillierte er als Protokoller. Pointiert nahm er zweifelhafte moralische Bedenken an mancherlei Wortwahl aufs Korn, „die aus heutiger Sicht diskriminierend wirken könnte“ und rief sicherheitshalber nach einem „schokoladenumhüllten Schaumkonfekt“.

Mit der Parole „Diddesem first“ (für Neu- und Nicht-Hessen: Dietesheim zuerst!) zielte er auf die Despoten dieser Tage, kritisierte fehlgeleitete Hilfsgelder und Attacken gegen Hilfskräfte. Auch gegen Klimakleber, deren Bapp im Winter nicht hafte, gebe es „genug Gesetze, wir brauchen keine eigenen Experten, keine neue Partei!“. Der Mühlheimer Bürgermeister-Wahl kreidete er die schwache Beteiligung an, den Verantwortlichen, dass die Offenbacher Straße immer noch improvisiert einspurig geführt werde.

Kanzler Scholz holte sich bei Kappenträger Kramwinkel Rat, die Sparpläne der Regierung träfen mal wieder nur die „Kleinen“. Die Grünen aber verteidigte er, sie hätten schon früh auf Gefahren hingewiesen, seien in Wiesbaden jedoch aus der Koalition geflogen. In den USA könnte Trump „aus dem Knast heraus regieren“, fürchtet der Chronist „sehr unruhige Zeiten“.

Weselskys Bahn-Streik habe „die Falschen getroffen“. Und mit der Parole „Gesangbuch statt Facebook“ brach er eine Lanze für die neuen Pfarrer in der Gemeinde. Enttäuscht haben 2023 dagegen Leichtathleten, Fußballerinnen und Fußballer. Dafür feierte der Scheidende sein 30-jähriges Büttenjubiläum. Vielleicht entspannt er sich jetzt mit Bier- oder Wein-Yoga, zu dem die „Dalles Cowboys“ in mehreren Auftritten mit seichten Übungen animierten.

Die Katholische Junge Gemeinde verteilte in eleganten Roben und Kostümen aus Blockbuster-Filmen, mit Wortspiel und Gesang „Oscars“. Zwei der Vier von „Quattro Formaggio“ stimmten Lieder an, um das Volk von der Couch zu bekommen. Pfarrer Ajimon Joseph, der nun das Dietesheimer Pfarrhaus bewohnt, und Glöckner Thomas Bihn ließen den Saal als Engel und Teufel toben – keiften sich gegenseitig an und amüsierten selbst mit ihren Versprechern.

Gute Laune mit viel Musik verbreiteten auch die Gruppen Stereotones und Wurzelwerk vor und nach der Pause. Bauernproteste, den Weggang der Theaterleute aus der Pfarrei und die Suche nach der Kirche, in der gerade Gottesdienst gefeiert wird, nahm Kolpingbruder Winfried Winter zum Klavierspiel aufs Korn.

Martina Sondergeld hat sich selbst zur „Diddesemer Prinzessin“ erhoben, ein Putsch der vergnüglichen Art. Und als das Männerballett mit weißen BHs im Schwarzlicht tanzt, gab es ebenso kein Halten mehr wie bei den starken Garde- und Solotänzen.
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