Hans-Peter Schwenger führt durch die Mühlheimer Altstadt Einmal Altstadt und zurück

Hier erkundet die Gruppe die Mühlen an der Rodau. Foto: nj

Mühlheim (red) – Ausgerüstet mit einer Karte von Mühlheim um 1847 und weitere Bilder aus historischen Zeiten, ist Hans-Peter Schwenger mit rund 10 Interessierten neuen und alten Mühlheimer durch die Altstadt gelaufen.

Bei Sonnenschein konnte so die über 1200 Jahre alte Geschichte der Mühlenstadt erkundet werden und historisch ist in Mühlheim in den vergangenen Zeiten viel passiert. Neben Napoleon und verschiedenen Kaisern haben auch das Dritte Reich und die neue Zeit die Stadt bis heute sehr geprägt.

Die Führung beginnt am Stadtmuseum am Rande der Altstadt. Über dieses Gebäude kann viel erzählt werden. Mal war es ein Wohnhaus, dann eine Schule, eine Gaststätte, eine Station für Kutschen und das Rathaus der Stadt.

Zu erzählen gibt es also viel, auch dass die Stadt am Main eher Mühlheim an der Rodau heißen soll, denn der kleine Fluss, der viele Mühlen beherbergt hat, ist näher als das große Binnengewässer. Stolpersteine und die ehemalige Synagoge in der Nähe des Startpunktes weißen auch auf eine dunkle Vergangenheit hin. Die Reichspogromnacht war für einige Mühlheimer ein sehr schwarzer Tag. Deportationen und das anzünden des jüdischen Gotteshauses sind nur einige Beweise der Zeiten um den zweiten Weltkrieg, doch das Abbrennen der Synagoge konnte verhindert werden, sagt Schwenger, denn einige Mühlheimer starteten Löschversuche. Vor einiger Zeit ist er mit einem Zeitzeugen, der 1938 geboren wurde, durch die Gassen in der Altstadt gelaufen.

„Damals zierten viele Geschäfte die Straßen“, fügte Schwenger hinzu, der für die Stadt offiziell als Stadtführer arbeitet. Metzger, Bäcker und verschiedene andere Läden machten aus der heute eher ruhigen Straße einen belebten Mittelpunkt. Vor rund 170 Jahren bestand nämlich die Stadt nur aus den paar Gassen und Straßen um die historische St. Markus Kirche.

Drum herum gab es nur Feld und Wald. Die nächsten Städte waren Rumpenheim und Bieber. Auch Napoleon hat auf einem seiner Feldzüge durch Europa in Mühlheim genächtigt. Und das alles ist nur um das Stadtmuseum geschehen, weiter geht es zur St. Markus Kirche. Eine legendäre Gaststätte gab es dort, wo heute das Lighthorse Cocktails und Wasserpfeifen anbietet.

Das Gotteshaus selbst hatte vor 100 Jahren auch nur eine Höhe von 23 Meter, heute sind es mehr als 51 Meter. Die Uhr der Kirche war zum Feld gerichtet und der Hahn auf dem Turm die Wettervorhersage für den Landwirt von damals. „Zeigt der Hahn nach Bieber wird es regnen“, entgegnet Schwenger und fügt hinzu, dass der Hahn dann ins „Bieberer Loch“ zeigt. Die große Kirche bekam in den vergangenen Jahren viele Erweiterungen und Anbauten, die letzte um 1950 mit der großen Fensterfront zur Rodau hin. Das kleine Foyer direkt hinterm Eingang war einer der ersten Bauten dieser Kirche. Im Eingangsbereich liegt auch der älteste Stein der Stadt. Der Stein aus Dietesheimer Basalt ist über 500 Jahre alt und beschriftet.

Die nächste Station der Gruppe ist die Rodau und die vielen Mühlen, die prägend für die Stadt waren. Kleine Tafeln am Wegesrand erläutern die acht Mühlen und ihre Aufgaben entlang des kleinen Flusses. Auch wichtig in verschiedenen Epochen der Stadt ist das Wachthäuschen neben dem Gemeindezentrum der St. Markus Gemeinde. Vor langer Zeit diente es als Zollhäuschen, um Händler die zum Beispiel Apfelwein transportieren, abzukassieren. Später haben die Nazis einige Juden in die kleinen Räume gesperrt, um sie dann weiter zu deportieren und heute dient es beim Weihnachtsmarkt für den Geschichtsverein zum Gedenken dieser dunklen Tage. Inschriften einiger Gefangener zieren noch heute die Wände.

Die Geschichte der Stadt ist weiterhin vielfältig und in den rund 1200 Jahren ist wesentlich mehr passiert, als dass man es in einer Stadtführung in rund zwei Stunden erklären kann. Stadtführungen durch die Altstadt oder den Steinbruch werden regelmäßig angeboten und auch für den Mühlheimer, der schon lange hier wohnt, kann es einen Ort geben, den er oder sie noch nicht kennt. Hans-Peter Schwenger sagt: „Das passiert öfter als man denkt“.