Gailenberg ist hessenweit einmalig Einmaliges Biotop aus Lava

Das Naturschutzgebiet Gailenberg ist Rückzugsort für seltene Tiere und Pflanzen. Infotafeln informieren Spaziergänger über diese biologische Schatzkammer. Bild: hackendahl

Mühlheim – Auf die Spur unterschiedlichster Biotope machten sich auf Einladung des Naturschutzbundes (Nabu) 20 Naturinteressierte auf dem Gailenberg, einem Landschaftsschutzgebiet zwischen Steinheim und Lämmerspiel. „Es ist das einzige Streuobstwiesengebiet in Hessen, das völlig von Wald umgeben ist“, erläuterte Holger Marx vom Nabu Mühlheim. Der Gärtnermeister leitete die dreistündige Exkursion, die neben Naturinteressierten aus der Region auch von einigen Experten aus den Bereichen Biologie, Geografie und Vogelschutz begleitet wurde.

Markant für das 50 Hektar große Streuobstwiesengebiet ist die besondere biologische Vielfalt sowie die Prägung der Landschaft durch unterschiedliche Formen der Nutzung der Flurstücke sowie dem Aufeinandertreffen unterschiedlichster Interessengruppen wie Naturschützer, Landwirte, Hobbyobstbauern, Jogger, Radfahrer und Spaziergänger.

„Auf dem 18 Meter dicken Basaltuntergrund, der als 1100 Grad heiße Lava vor über 130 Millionen Jahren aus einem Schildvulkan vom Vogelsberg herüberschwappte, lagerten sich durch starke Winde äolische Sedimente als Flugsanddünen ab“, erläuterte Bernhard Stribrny, Professor der Geologie. Der Gailenberg und die Region liegen auf der mit geologischen Brüchen im Untergrund durchzogenen „mitteldeutschen Kristalinschwelle“. Auf der Schicht herbeigeblasener feiner Sande bildete sich im Lauf der Jahrtausende nur eine dünne Humusschicht, die die ideale Grundlage für eine Sandmagerrasenvegetation bildet.

Die höchste Erhebung des „Kahle Bersch“, wie er im Volksmund genannt wird, ist eine 130 Meter hohe Kuppe, auf der der feine Flugsand zu Tage tritt, es deutlich wärmer ist und wo – wegen der fehlenden Humusschicht – neben dem Silbergras nur noch wenige andere Pflanzenarten einen Lebensraum finden.

Bestände von zumeist alten Obstbäumen auf den umliegenden Naturwiesen mit jahreszeitlich abhängig blühenden Ackerwildkräutern sind für das Streuobstwiesengebiet prägend. Durch zwei Wingerte mit Weinreben sowie beackerte Flächen von Weizen durch Ortslandwirt Beez gibt es im Landschaftsschutzgebiet auch eine landwirtschaftliche Nutzung. Der Nabu Mühlheim betreut dort 200 Nistkästen. Seltene Vogelarten wie Pirol, Wiedehopf, Trauerschnäpper, Wendehals und Neuntöter haben auf dem Gailenberg ihren Lebensraum.

Auf dem Areal betreut Holger Marx ein Bienenhaus mit aktuell 14 Honigbienenvölkern. Zudem unterstützt der Nabu auf einigen Flurstücken mit Insektenhotels die Hummel- und Wildbienenpopulation. Steinhügel bieten Heimat für Zauneidechsen und Blindschleichen, aufgeschichtete Benjeshecken bieten Schutz und Lebensraum für eine Vielzahl an Tieren. Auf Waldpfaden vorbei am Naturdenkmal Sieben Eichen, das bereits auf Steinheimer Gemarkung liegt, führte Marx die Exkursionsteilnehmer zum Nabu-Baumpatenprojekt. „Auf dem Kahlen Berg wurde vor dem Mittelalter kein Obst, sondern Wein angebaut – denn wegen des Basaltuntergrunds war es warm. Doch durch eine Kaltzeit im Mittelalter gingen die Rebstöcke ein“, erläuterte Marx, dass der Obstanbau hiernach mit der Feldbewirtschaftung einherging, die jedoch wegen der mageren Böden nicht besonders ertragreich war. Erstaunlich ist die Vielfalt der auf dem Gailenberg wachsenden Bäume – neben solitär stehenden Eichen und Kiefern wachsen in dem Gebiet unter anderem auch Sanddorn, Esskastanien, Haselnuss, Walnuss und Speierling.

Von Holger Hackendahl