Trotz des stürmischen Wetters wurde gefeiert Elsternest wird 15 Jahre

Tierärztin Sigrid Lütz weiß über den Wolf viel zu berichten. Thorsten Ehmann vielleicht ein bisschen, doch er ist der Experte für die Pflanzenwelt. Foto: man

Mühlheim (man) – Sie fiel nicht aus, weil die Organisatoren ohnehin nicht bei jedem Tropfen gleich in Deckung gehen. Aber die Feier zum 15. Geburtstag des Elsternest e.V litt natürlich unter dem Wetter, das sich am 23. September auch im Natur-und Erlebnisgarten an der Wilhelmstraße alles andere als lauschig präsentierte. Wer doch erschien, hatte aber nicht nur freie Kuchenauswahl, sondern erfuhr auch eine Menge über das Leben des Wolfes.

Morgens hatte es vor sich hingestürmt. Damit war schon mal klar, dass der Mühlheimer Buchladen nicht wie angekündigt seine Literatur über Flora und Fauna auslegen wird. Das Team von Frau-Mutter-Kind e.V. lädt hier zwar schon traditionell zum Kreativ-Basteln ein, diesmal mussten die Frauen jedoch ebenfalls die Segel streichen. „Wir haben uns gedacht, wir machen das dennoch“, sagt Thorsten Ehmann. Beim Vorsitzenden des Elsternest e.V. schlagen zwei Herzen in der Brust. Klar, mieses Wetter vermasselt jedes Fest im Freien. Aber als Garten- und Landschaftsbauer sieht der Mann die Welt aus einer anderen Perspektive als ein Schwimmbadbetreiber. Die letzten Monate verbrachte Ehmann nach Feierabend täglich zwei Stunden beim Elsternest, um zu gießen.

Was der Mühlheimer hier treibt, steht im Widerspruch zum Zeitgeist, den ein Aphorismus von Oscar Wilde trifft: „Heute kennt man von allem den Preis, von nichts den Wert.“

Natürlich könnte die Familie Ehmann das ruhig gelegene Baugrundstück für einen netten Betrag verkaufen. Stattdessen hob Thorsten zusammen mit Bornweg-Kitaleiterin Gabriele Luckmann und der Erzieherin Martina Kaufer-Niederhüfner das „Grüne Wohnzimmer“ aus der Taufe, aus dem sich das verwunschene Biotop entwickelte. Das Elsternest wirkt wie eine Gegenrede zur digitalen Welt, die längst auch den Alltag der Kinder bestimmt. In einer Ecke befindet sich der Platz, bei dem die Mütter streng darauf achten, dass der Nachwuchs eine Matschhose trägt. Spielzeug aus Plastik findet sich auf dem Grundstück nirgends. Ausrangierte Töpfe dienen als Werkzeug, um kleine Flüsse oder Burgen in die nasse Erde zu bauen.

Auch nach dem Aufenthalt im „Zauberwald“ bleiben ganz andere Bilder im Gedächtnis haften, als nach sterilen Stunden am Joystick vor dem Computer. Der Weg durch den Miniaturdschungel führt an einem Tipi aus Ästen, Zweigen und Rinde vorbei, das sich ständig ändert, weil ganze Kindergenerationen daran bauen. Ehmann erzählt, sie es ihm schon passierte, dass ihn auf dem Weihnachtsmarkt junge Frauen ansprachen, ob das Beet im Elsternest noch existiert, dass sie einst im Kindergarten anlegten. Das konnte Ehmann bejahen, „auch wenn ich mich an die Gesichter partout nicht mehr erinnerte“.

Es schauen heute schließlich doch noch ein paar Kinder mit Eltern und Großeltern vorbei. Für Kaffee und Kuchen sorgten die vielen Helfer also nicht ganz umsonst. Sigrid Lütz als Referentin kommt ebenfalls noch zum Einsatz. Die Tierärztin aus der Nähe von Gießen agiert als NABU-Wolfsbotschafterin.

Das mythologische Gedächtnis einer Nation vergisst anscheinend nichts. Der Wolf ist der raffinierte Kerl der Kreide frisst, der Zicklein, Omas und Enkeltöchter verschlingt. Nur als Spinner abgestempelte Bürger kamen in den 70er-Jahren trotz über 19.000 Verkehrstoten jährlich auf den Gedanken, dass Autos vielleicht zu gefährlich sein könnten. Reißt heute in der Lausitz ein Wolf ein Schaf, bibbern Dortmunder um ihr Leben.

Sigrid Lütz erzählt von der Mühsam des Wolfes, der zwischen zehn und zwanzig Versuche unternimmt, bis es klappt, ein Reh zu erlegen. Dann allerdings ist er in der Lage, bis zu 12 Kilo Fleisch zu fressen.

In der Tat verhält sich der Wolf beim Jagen gescheiter, als mancher tierische Kollege: „Wenn er merkt, das wird nichts, bricht er nach den ersten Metern ab.“ Vielleicht nicht ganz auf der Höhe der Evolution stellt sich hingegen der afrikanische Wildhund an, „der läuft seiner Beute bis zur Rente hinterher“.