Deutscher Amateur-Radio-Club Heusenstamm/Mühlheim funkt nach wie vor Funkamateure in Zeiten von Skype, Whats-App und Co.

Michael Peil (links) und Stefan Knapp funkten schon um die ganze Welt, als ein Telefonat nach Asien noch als Abenteuer galt. Foto: man

Mühlheim (man) – Nicht wenige dürfte es wundern, dass es sie immer noch gibt: Funkamateure. Schließlich vernetzen Skype, WhatsApp und alle möglichen Chats im Internet die Welt verlässlicher, vor allem auch für jene, die technische Probleme eher als Ärgernis betrachten, denn als Herausforderung. Unter dem Dach des „Deutscher Amateur-Radio-Club e.V. (DARC)“ in Baunatal funkt der „Club – Heusenstamm/Mühlheim“ trotzdem nach wie vor. Im Kinofilm „2001: Odyssee im Weltraum“ von 1968 unterhält sich der Astronaut einer Mondstation mit seiner Tochter auf der Erde über ein Bildtelefon. Auch wer den Film erst in den 80er Jahren sah, hatte den Einruck von reinem Science-Fiction. Heute ist es möglich, sich aus einer Kneipe in Nürtingen von einem Bekannten in Neu Delhi mit Ton und Bild erzählen zu lassen, wie ihm gerade das Essen dort schmeckt. Als Michael Peil mit 19 Jahren nach bestandener Prüfung seine Lizenz als Funkamateure überreicht bekam, hatte es noch den Nimbus des Geheimnisvollen, wenn jemand aus Mühlheim mit einem in Murnau sprach. Mit den USA zu reden kam fast einem Gespräch mit dem Mond gleich. „Diese Faszination ist dadurch natürlich weg“, erklärt der 53-Jährige und zeigt auf das Smartphone, das auch beim ihm auf dem Tisch liegt.

Den Nachwuchs drängt es nicht mehr in den Amateurfunk. In der 30 Mitglieder starken DARC-Ortsgruppe Heusenstamm/Mühlheim, die sich im März zusammenschloss, gehört Peil nicht gerade zu den Senioren, „ich wäre quasi in der Jugendgruppe“. Stefan Kapp leitet den Club. Der 64-jährige Diplom Ingenieur arbeitete bis zur Rente für die Telekom. Als Jugendlicher kam Kapp über den „Jedermannfunk“, dem CB-Funk, zum Amateurfunk. Während sich mit dem CB-Funk unter optimalen Bedingungen höchsten über eine Entfernung von zwei Kilometern kommunizieren lässt, sind die Weiten eines Funkamateurs theoretisch unbegrenzt. Im Moment sei es aber so gut wie unmöglich, sich mit jemandem in Australien oder Neuseeland auszutauschen.

Das hänge mit den fehlenden Sonnenflecken zusammen. Gemeint sind kühlere Stellen auf dem Stern, die für stärke Ionisation sorgen. Übersetzt: „Ohne die Flecken fehlt uns der Spiegel, der die Funkwellen auf die Erde reflektiert.“ Für ein Gespräch mit Italien reicht es, wie Michael Peil beweist. Der Informatiker, der sich beruflich um die Funknetzplanung der bundesdeutschen Feuerwehren kümmert, bekommt einen Mauricio an die Strippe. Mauricio berichtet, in der Nähe von Rom zu wohnen. Auf Nachfrage teilt er Peil mit, mit welchem Gerätetyp er gerade funkt. Peil besitzt den gleichen. Die beiden tauschen auch ihre Codes aus Nummern und Zahlen aus, ihre Namen im globalen Verkehr. Fast nur Männer funken. „Die Frauenquote liegt wohl unter fünf Prozent“, schätzt Stefan Kapp. Von den gängigen Ausnahmen abgesehen, dürfte die Schieflage an den divergierenden Kommunikationsbedürfnissen der Geschlechter liegen. Peil blendet das Gespräch zwischen drei Österreichern ein. Im landesüblichen Schmäh geht es über ein „Gurkengerät, mit dem du nur Scherereien hast“. Männer nutzen die Technik kaum, um sich über persönliche Belangen auszutauschen. Die Inhalte drehen sich fast ausschließlich um die Technik selbst. Das fesselt wiederum nur eine Minderheit von Frauen.

Auf Wettbewerben verlaufen die Funkgespräche noch knapper. Die Ortsgruppe baut dann an der Anton-Dey-Straße einen imposanten Antennenapparat auf. Bei einer Meisterschaft geht es darum, so viele Kontakte wie möglich herzustellen, „einer dauert nur 20 Sekunden“.

Ihre Gespräche können Funkamateure auch schriftlich belegen. Kommunizieren zwei miteinander, melden sie den Code des Partners ihrem Verband. Der verschickt dann an die jeweilige Ortsgruppe eine Karte, die den Kontakt mit Tel Aviv oder Templin dokumentiert. Unter den Funkamateuren gibt es die ganz besonderen Verbindungen. Peil bekam schon die Neumayer-Station in der Antarktis ans Gerät. Als Blaue Mauritius des Funkverkehrs gilt ein Gespräch mit einem Vertreter der autonomen griechischen Mönchsrepublik auf dem Berg Athos. Der Funker unter den Gottesdienern starb zwar, aber nach einem Jahr Sendepause erhielt ein anderer Bruder die Lizenz.

Nach dem Kenntnisstand von Stefan Kapp und Michael Peil fehlt jedem Funkamateure ein ganz bestimmter Länderpunkt: Mit Nordkorea sprach wohl noch niemand.

Die Mitglieder treffen sich zu ihren Clubabenden jeweils am zweiten und vierten Freitag eines Monats. Dann geht es um 20 Uhr in Heusenstamm-Rembrücken der an Hauptstraße 23 in der „Alten Schule“ los.