Mühlheimer sind verärgert: Fahrradweg muss wegen Parkplätzen weichen „Gefühl, wie über eine Sprungschanze zu fliegen“

Karl Brandl zerkratzte sich auch schon die Unterseite des Autos an einer Schwelle. Der passionierte Radfahrer hält es außerdem für das falsche Signal, dass der Radweg Parkplätzen weichen musste. Foto: man

Mühlheim (man) – An sich bräuchte es keine Fahrbahnschwellen. Doch ein Schild mit Tempo 30 hält nun mal nicht jeden davon ab, mit 50 oder 70 durch eine verkehrsberuhigte Zone zu brettern. Zum einen steht dort nur ganz selten ein Blitzer, und falls doch mal, weiß jeder, gemessen an den Bußgeldern anderer Länder ist das Rasen im Autoland Deutschland quasi kostenlos. Deshalb braucht er hierzulande weit mehr Fahrbahnschwellen als etwa in der Schweiz.

Nach der der Neugestaltung des „Alter Frankfurter Weg“ erfüllen die Fahrbahnschwellen zwar ihren Zweck, Raser zu zügeln, manche Anwohner bemängeln jedoch, auch bei vorsichtiger Fahrt sei zumindest noch ein Fahrbahnhindernis zu hoch und zu gefährlich fürs Blech am Auto. Dass der Fahrradweg verschwand, stimmt auch nicht jeden glücklich.

Doch nicht nur in der Wahrnehmung des Rote-Warte-Anwohners Helmut Weber schoss man nach der aufwändigen Verlegung der neuen Abwasserrohre auf der Hauptverkehrsstraße im ruhigen Stadtteil über das Ziel hinaus. „Das erste Hindernis geht, das vierte auch, die zweite und dritte Schwelle sind eindeutig zu hoch“, erklärte Weber vor kurzen. Über das dritte Hindernis muss sich der Mann mittlerweile nicht mehr ärgern. Das Bauamt sorgte zwischenzeitlich für eine Korrektur der beauftragten Firma.

Die zweite befindet sich noch in der Analyse.

Weber spricht bei seiner ersten ahnungslosen Überfahrt vom Gefühl, „über eine Sprungschanze zu fliegen“. Und das, wie der Mann betont, „obwohl ich ein vorsichtiger Fahrer bin“. Einen Schrecken habe er bekommen, „ich dachte schon, ich hebe ab“. Er sei an der zweiten Schwelle mit gerade mal 20 statt der erlaubten 30 Stundenkilometer drüber gefahren. „Im Viertel schütteln viele den Kopf“, erzählt Weber auch das Erlebnis von seiner Nachbarin, die mit ihrem VW-Beetle schon aufgesetzt haben. Weber warnt, „hoffentlich muss hier nie die Polizei oder ein Rettungswagen besonders schnell durchfahren“. Freunde von extra tiefer gelegten Fahrwerk betreffe das Problem natürlich besonders. Weber wünscht sich auch für die zweite Schwelle, „dass die länger und flacher angesetzt wird, so wie in Kesselstadt“. Auch bei Radfahrern habe er beobachtet, dass die Überfahrt nicht ganz ungefährlich sei, „die müssen ganz schön abbremsen“.

In einer Querstraße zum Alten Frankfurter Weg wohnt Karl Brandl, der von einer ähnlichen Erfahrung wie Helmut Weber spricht. Der Schaden sei nicht groß, aber in der Werkstatt unter der Hebebühne habe er bei seinem kleinen Mercedes der A-Klasse Kratzer am Auspuff sehen können, die von seiner ersten ahnungslosen Überfahrt herrührten. Von seinem Haus an der Rathenau-Straße könnten er und seine Frau auch öfter hören, „wie es von dort ordentlich rumpst“.

Karl Brandl ärgert sich jedoch über einen anderen Fakt viel mehr. Der 90-Jährige, der so fit wirkt wie es mancher 40-jährige gerne wäre, steigt nicht sonderlich oft in sein Auto ein. Er fährt jeden Tag anderthalb Stunden mit dem Fahrrad und hält es „gerade in unserer Zeit für ein vollkommen falsches Signal, einen Radweg abzuschaffen und statt dessen Parkplätze zu bauen“, wie geschehen im Alten Frankfurter Weg. Die Radfahrer fühlten sich jetzt ihm wahrsten Sinne an den Rand gedrängt.

Was die Schwellen betrifft: Die Analyse der zweiten befindet sich noch in der Schwebe. Laut Auskunft der Stadt steht noch ein Gutachten aus. Dann wird sich entscheiden, ob die Firma auch die zurückbauen muss.