Walter Beez lässt seine Wiesen mit Drohnen befliegen Kitzrettung aus der Luft

Live am Bildschirm können die Bilder aus der Luft betrachtet werden. Der Rodgauer Verein Rehkitz-Retter kooperiert mit den Landwirten in der Region. Jüngst fand eine Aktion auf den Wiesen von Ortslandwirt Beez statt. Bild: prochnow

Mühlheim – Der rote Punkt, das ist eines! Marcus Wrobel fährt aus fast 20 Metern Höhe näher heran, und im Zoom-Bild ist es mit seiner Fellzeichnung zu erkennen: Ein Rehkitz! Die anderen beiden orangefarbenen Punkte auf dem Drohnen-Bild sind Stefanie Picard-Weiß und Berthold Vetter. Wrobel lotst die Hausener mit leiser Stimme über Funkgeräte an den Ablageort des Wildtiers. Doch das hat sich eines anderen besonnen und ist in den Wald gesprungen.

„Besser so“, sagt einer in der Runde auf der Wiese hinterm Lämmerspieler Friedhof. Jetzt müssen sie den verängstigten Nachwuchs nicht in eine Kiste packen, bis die Wiese gemäht ist. Die Männer mit den fliegenden Kameras und der Verein Rehkitz-Retter arbeiten eng zusammen. Es ist fünf Uhr in der Früh, und Ortslandwirt Walter Beez nimmt die Dienste des Rodgauer Vereins gerne in Anspruch, bevor er schweres Gerät zum Mähen auf seine Flächen schickt.

„Kollegen sind schon zu empfindlichen Geldstrafen verdonnert worden, weil sie die Jungtiere übersehen haben“, berichtet der stadtbekannte Bauer. Oberstes Gebot sei für ihn freilich, die Tiere zu schützen. Darum hat er Wrobel und Jürgen Heldmann engagiert, die mit zwei Drohnen mit hochauflösenden Objektiven und Wärmebildkameras zwei Felder Reihe für Reihe abfliegen. Doch sie stoßen entweder nur auf Hasen, die ratzfatz verschwinden, oder auf Muttertiere, die sich ebenfalls rasch aus dem Staub machen, wenn sie Gefahr wittern.

Kitze hingegen ducken sich weg. Jagdpächter Kyriakos Papadopulos ist mit seinem bayrischen Gebirgsschweißhund Birko an der Aktion beteiligt und erklärt: „Erst wenn die Kleinen drei Wochen alt sind, stehen sie auf und folgen ihrer Mutter.“ Das gilt wohl für die meisten der sonst zahlreichen Kinderstuben in den geschützten Gebieten. Birko an der langen Leine muss jedenfalls keine anderen Vierbeiner aufspüren.

Das halbe Dutzend Ehrenamtlicher in den Warnwesten mit dem Aufdruck des Vereinsnamens staken mehrmals mit Stöcken zum Wenden des hohen Grases los, geführt von der Ansage aus dem Walkie-Talkie. An diesem Morgen stoßen sie aber auf kein Kitz, das vor den scharfen Messern bewahrt werden müsste. 280 Mitglieder sind sie, informiert Vorsitzender Thomas Köthe. In diesen Tagen sind sie oft mit zwei, drei Teams frühmorgens und in der abendlichen Dämmerung unterwegs. Denn wenn die Sonne tagsüber auf die Halme scheint, erwärmen die sich derart, dass sie auf dem Monitor der „Spotter“ ebenfalls rötlich abgebildet werden. Jetzt hat Wrobel wieder einen verdächtigten Punkt auf dem Bildschirm ausgemacht, doch es handelt sich lediglich um einen Steinhaufen, der noch immer die Wärme des vorherigen Tages abgibt. Auch die ersten Jogger hat die Kamera erfasst.

Der Mähplan gibt die Termine für die Rettungsaktion vor. Die erste Mahd müsse zwischen dem 20. Mai und 10. Juni stattfinden, weil danach der sehr seltene Ameisenbläuling-Falter seine Eier in der Wiese ablegt, erläutert Beez. Durch die Feuchtigkeit der vergangenen Wochen rechnet der Landwirt mit einem guten Aufwuchs. Zwischen dem 15. Juni und dem 1. Juli seien dann die sogenannten Halmwiesen dran, in denen Orchideen blühen.

Die Familie Beez bewirtschaftet 35 Hektar rund um Lämmerspiel, davon 25 Hektar Wiese, zehn Ackerland. Die Nutzung dient der Heugewinnung für seine Rinder. Die Piloten holen ihre Fluggeräte zurück, die schließlich sanft und surrend auf die kleinen Matten mit dem „H“ aufsetzen.

Von Michael Prochnow

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