Über 400 Oldtimer glänzen beim dreitägigen Käfertreffen auf der Wiese an der Anton-Dey-Straße Aus Liebe zur Nostalgie

Der Dietesheimer Bruno Schmück restaurierte den Käfer aus dem Jahr 1958 so originalgetreu und akkurat, dass der PKW wie ein Neuwagen wirkt. Foto: man

Mühlheim (man) – Am vergangenen Freitag ging es nach Plan um 15 Uhr mit dem dreitägigen Käfertreffen los. Dann rollten auf der Wiese an der Anton-Dey-Straße die ersten Wagen aus. Und keine zweieinhalb Stunden danach zählt Christiane Bittmann bereits 55 geparkte Oldtimer. „Erst hier müssen sich die Leute bei uns anmelden“, erklärt Stefan Schmuck, der vor acht Jahren den Vorsitz des besonderen Vereins übernahm. Früher durften nur Käfer auf die Wiese. Weil es von denen immer weniger gibt, konnten mit der Zeit auch alle anderen historischen Volkswagen vorfahren. Mit der Zeit lockerte der Club seine Vorgaben weiter. Seit fünf Jahren kann jeder vorfahren, dessen PKW das Kennzeichen mit dem „H“ hinter der Zahl führt, das nur mindestens 30 Jahre alte Autos von der Zulassungsstelle bekommen. Für Julius Hochrein und Adelheid Kempf aus Haßfurt am Main bildet das Käfertreffen von Mühlheim seit Langem das Finale ihres Urlaubs. Wie gänzlich im Einklang mit sich und der Welt sitzen die beiden vor ihrem VW Bus T2, der vom Band rollte, als der US-Präsident Jimmy Carter hieß und der 1. FC Köln die Deutsche Meisterschaft feierte. Der 41 Jahre alte Gefährt mit Herd, Bett und Kühlschrank rollt mit seinen 50 PS problemlos hin zum Nordkap oder wie gerade eben von Holland zurück. Das liegt zum einen an der soliden Mechanik, zum anderen jedoch daran, dass KFZ-Mechaniker Hochrein vor 25.000 Kilometer das alte Motorgehäuse mit neuem Innenleben ausstattete. Sowieso gilt, „wenn du deine Hausaufgaben machst, dann läuft er“, also jedes relevante Teil unter die Lupe nehmen, bevor es in den Urlaub geht. Oldtimer sind ein eher männlich besetztes Steckenpferd, dass aber manche Frauen auch unabhängig von ihrem Partner teilen. Die beiden Unterfranken lernten sich vor zehn Jahren bei einem VW-Treffen kennen. Zu ihrem Glück konnte Adelheid Kempf auf ein Kontinuum setzen, „auch mein vorangegangener Freund hatte einen roten VW-Bus“. Bruno Schmück fährt vor. Der Dietesheimer restaurierte nicht nur etliche Motorräder aus den 20er Jahren detailgetreu bis zur Fahrbereitschaft, sondern auch einen Doppeldecker, mit dem der 65-jährige selbst flog. Heute sitzt Schmück am Lenkrad eines Käfer 1200-Export von 1958, der einst als schicke Version des Modells galt. Der Verkäufer des Wagens erklärte Schmück vor vier Jahren, die Kupplung drohe so langsam den Geist aufzugeben. Kein Problem für den Betreiber eines Technikmuseums, der das gesamte Auto so akribisch in Schuss brachte, dass es wie ein Neuwagen wirkt. Es kann deshalb nicht wundert, dass Schmidt am Ende den Preis in der Kategorie „Serie“ mit nach Hause nimmt. „Alle haben zum Käfer eine Geschichte zu erzählen“, bemerkt Andreas Becker (51), der Pressesprecher der Käferfreunde. Die Storys sind mit einem bestimmten Urlaub, mit einer bestimmten Frau verbunden, oder man erinnert sich an ganz bestimmte Leute aus dem Ort. Tobias Gutsmann kam neun Jahre später zur Welt als sein Auto vom Band lief. Der 38-jährige erzählt vom Hausarzt in seinem niedersächsischen Dorf, der noch in den 90er Jahren auf seinen Käfer schwor und konstatierte, „mit dem komme ich auch im Winter jeden Berg hoch“. „Einen Käfer fuhr jeder“, betont Andreas Becker, der heute mit einem alten VW-Bus erscheint. Das Auto von Citroën, das der Volksmund „Ente“ nannte, fuhren vor allem Vertreter eines universitären Milieus, das sich politisch dem linken Spektrum zuordnete. Eher konservativ gestimmte Bürger schlossen die Garagentüre hinter einem Audi 100 oder Ford Taunus. In den VW-Käfer stiegen Vertreter jeder Weltanschauung. Weder Mitglieder der CDU noch des KBW mussten ein entsetztes „was fährst du denn da?“ der Parteifreunde fürchten. Einen Käfer steuerten Priester, Arbeiter und Opernregisseure. Am Samstagabend stehen über 400 alte Wagen auf der Wiese. Auch Frauen fahren Käfer, so wie Christine Kraft. Die Beisitzerin im Vorstand der Käferfreunde kam einst durch ihren Kumpel Alfred Mentzel auf den Geschmack. Dessen Gattin Christine Mentzel besitzt ebenfalls einen Käfer. Nach dem Kauf schaute sich die Vize-Vorsitzende des Clubs den Fahrzeugschein genauer an. Ihren VW setzten Wolfsburger Arbeiter am 17. November 1970 zusammen, dem Tag ihrer Geburt, „das Auto hat mich gefunden“.