AG-Modellschule der Friedrich-Ebert-Schule mit Preis ausgezeichnet „Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt“

Tim Schwarz, Aylin Polat und Lea Stüwe vor ihren Modellarbeiten des letzten halben Jahrs in der AG. Foto: man

Mühlheim (man) – Die Kreation von Miniaturzugstrecken gilt eigentlich als ziemlich uncoole Alternative zu Computerspielen, so empfinden zumindest die meisten. Für die Friedrich-Ebert-Schule (FES) trifft die These offensichtlich nicht zu. Der Lehrer Sebastian Steiner organisiert hier seit 2017 die „AG-Modellschule“ im Sinne von Pippi Langstrumpf, „Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt.“ Vom großen Interesse zeugt die lange Warteliste. An der AG nehmen 15 Schüler für jeweils ein halbes Jahr teil. Jetzt erhielt die Friedrich-Ebert-Schule einen Preis für ihr Angebot.

Der Verein „TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen“ veranstaltet die vom „Deutschen Verband der Spielwarenindustrie“ gesponserte Initiative „Spielen macht Schule“. Als eine von bundesweit 60 Schulen gewann die FES eine komplette Produktausstattung namhafter Hersteller wie Märklin und Viessmann für eine „Werkstatt Modelleisenbahn“. Eine Fachjury hatte sich für die FES entschieden.

Normalerweise unterrichten Lehrer, die freitags nach der sechsten Stunde eine „AG-Modellschule“ leiten, Fächer wie Mathe und Physik. Sebastian Steiner unterrichtet an der FES jedoch evangelische Religion und Französisch. Der 32-jährige darf sich über den Preis nicht nur aus ideellen Gründen ganz persönlich freuen. Um die AG überhaupt zu ermöglichen, stellte der Pädagoge die Materialien seit dem Startschuss vor zwei Jahren aus eigener Tasche zur Verfügung.

Mit dem Preis erklärt Steiner, besitze die AG-Modellschule jetzt die technische Grundausstattung, „unser Konzept, was Bahntrassenbau und Elektrifizierung betrifft, zu erweitern.

Prinzipiell steht die AG allen Schülern der FES offen, egal ob sie die fünfte oder die zehnte Klasse besuchen, egal ob den Hauptschul- oder Realschulzweig. Steiner erwähnt, im letzten Halbjahr hätten auch zwei Schüler mit Inklusionsbedarf teilgenommen.

Zu jeder Schule gehört die Pädagogik. „Es geht um Planung eines Projekts, um koordiniertes Denken“, erklärt Steiner. Auch um die Fähigkeit, sich auf eine bestimmte Aufgabe konzentrieren zu können. Ein Indiz, das Steiner das mit seiner AG gelingt, ist die Ruhe im Raum. Ohne sich fokussieren zu können, hätte etwa ein junger Hauptschüler das Haus auf dem Grundstück niemals mit so realistischen Einsprengseln hinbekommen, wie etwa das Auto, an dessen Seiten die Räder extra ungeordnet liegen. Es entsteht ein Bild, bei dem der Betrachter sich nicht ganz sicher sein kann, ob der Mann im blauen Overall, der da kommt, den PKW tatsächlich wieder so in Schuss bekommen wird, dass es wieder vom Grundstück fahren kann, oder ob das Gefährt die nächsten Jahre hier einfach liegen bleiben wird. Modellbau gilt sicher nicht zu unrecht als Männerdomäne, an der FES-AG nehmen jedoch sechs Schülerinnen teil. Darunter etwa Aylin Polat (17), die zusammen mit Lea Stüwe (16) eine Landschaft entwarf und realisierte: Einen Feldweg in Form einer Allee, der über die Brücke eines Bachs führt und vor einer Scheune mündet. Die ländliche Idylle unterstreicht das Weizenfeld, hergestellt aus Bürstenborsten. Wegen eines Umzugs hatte Aylin zwischendurch einmal die Schule gewechselt, um dennoch an den Nachmittagen nur wegen der AG von Rodgau nach Mühlheim zu fahren. Mittlerweile kehrte die Schülerin, die eine Ausbildung mit Schwerpunkt auf Design und Modellbau anstrebt, wieder ganz an die FES zurück. Daneben steht die Arbeit von Tim Schwarz, nicht mit weniger Sinn fürs Detail, doch in einem ganz anderem Genre unterwegs. Der 17-jährige stellt die Szenerie auf dem fiktiven Areal der „Wasserwerke Neustadt“ dar. Ein Mann bereitet die Verlegung von Backsteinen vor, über einem Transportwagen liegt eine rote Plane aus gefärbten Tempotaschentuch, gegenüber steht ein LKW, auf dessen Ladefläche sich Sperrholz in Form von mit Leim gebundenen Splittern sammelt. Tim Schwarz, schon seit Kindertagen passionierter Modelleisenbahner, ist der einzige, der an jeder AG teilnimmt, quasi als Assistent von Lehrer Steiner.