AUSSTELLUNG Archiv zeigt Stadtjubiläen im Wandel der Zeit Detektivarbeit und Gezänk

Das ehrenamtliche Team des Stadtarchivs mit Sabine Salzmann, Bernd Schander, Edith Geßmann und Anita Guerrero (von links) schaut sich die alten Bild: Postl

Neu-Isenburg – Feiern konnten die Neu-Isenburger wohl schon früher recht gut. Das war beim 250-Jahr-Fest 1949 der Fall. „Das dürfte wohl die größte Feier gewesen sein, die Neu-Isenburg je erlebt hat“, resümiert Andreas Greim, Leiter des Stadtarchivs. Er hat der breiten Öffentlichkeit am vergangenen Wochenende die Ausstellung „Stadtjubiläen im Wandel der Zeit“ präsentiert.

Als Bürgermeister Dirk Gene Hagelstein (SPD) alte Fotos und Plakate bei der Eröffnung betrachtet, sagt er, er bedauere es, damals nicht dabei gewesen sein zu können. „Aber wir haben für unsere 325-Jahr-Feier ebenfalls spannende Veranstaltungen geplant.“ Stadtarchivar Andreas Greim und sein Team haben sich mit den Stadtjubiläen der vergangenen 125 Jahre in Neu-Isenburg beschäftigt. Im Fundus des Stadtarchivs haben sie Plakate, Festprogramme und Fotos gefunden, die eindrucksvoll zeigen, welche unterschiedlichen Akzente die Stadtväter bei den damaligen Festivitäten gesetzt haben. „Da waren die großen Festumzüge und Wettkämpfe für die ganze Stadtgesellschaft, die bis zur 250-Jahr-Feier im Mittelpunkt standen.
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Auch die Bildmotive haben sich im Laufe der Jahrhunderte geändert“, erklärt Greim. Früher sei der Alte Ort in den Mittelpunkt gestellt worden oder das Rathaus in der Hugenottenallee. „Heute zeigt das aktuelle Logo zum 325-jährigen Stadtbestehen das Porträt des Gründers Graf Johann Philipp zu Ysenburg-Büdingen“, merkt Gene Hagelstein an.

Die ersten Zeugnisse eines Stadt-Jubiläums existieren aus dem Jahr 1899. Damals feierte Neu-Isenburg sein 200-jähriges Bestehen. Die damalige Festzugordnung ist dokumentiert: Angeführt von Zugmarschall Friedrich Zaiger, gingen die Fahnendeputationen der Vereine voran. Dahinter folgten die Herren des Rats von Frankfurt und Offenbach. Zudem präsentierte sich eine Emigrantengruppe. Auch Zünfte und der Hof ziehen mit. Den Festzug schloss die Gräflich Isenburgischen Lanzenreiterei.

Das Jubiläum aus dem Jahr 1949 ist besser dokumentiert. Hohe Gäste kamen, unter anderem der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb. Die Ablichtungen vom Umzug zeigen, dass die Häuser teils noch von Kriegsbomben beschädigt waren. Zu sehen sind auch die Sopranistin und Kammersängerin Anny Schlemm und der Tenor Franz Völker. „Die Menschen drängten auf die Straßen, sie wollten nach den Kriegsjahren wieder mal feiern können“, berichtet Stadtarchivar Andreas Greim.

Für das ehrenamtliche Team des Stadtarchivs war die Suche nach den Dokumenten eine freudvolle Detektivarbeit. Sie recherchierten mit einer Lupe, wer auf den kleinen Fotos zu sehen ist und wo sich das Geschehen in der Stadt abspielte. Bei der späteren Konzipierung der Ausstellung im Archiv, haben die Mitarbeiter die Fotos passend dem Streckenverlauf des Jubiläumsumzugs angeordnet. Generell hat das Stadtarchiv einen Bestand, der von 1699 bis in die Gegenwart reicht. Dazu gehören unter anderem 10.000 Zeitungsausschnitte und etwa 6.000 Fotos.

Die Archivare lenken zudem den Blick auf das Jahr 1974: Aus Anlass der 275-Jahr-Feier wurde ein literarischer Wettbewerb ausgelobt, den die Bürger sehr kontrovers aufnahmen. Wie den damaligen Presseberichten zu entnehmen ist, echauffierte sich nicht nur Liesel Dörr über die Entscheidung der Jury. Sie wollte auch echtes Isenburger Literaturgut, also Mundart und Gedichte, prämiert sehen. „Der Isenburger literarische Abend, an dem die drei preisgekrönten Arbeiten des literarischen Wettbewerbs zum 275. Geburtstag von Neu-Isenburg der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollten, wurde von einem Fähnlein von sechs enttäuschten Heimatdichtern zur großen Jury-Beschimpfung umfunktioniert“, ist dem Zeitungsbericht zu entnehmen.

Derlei Gezänk wünscht sich Bürgermeister Gene Hagelstein bei den laufenden Feiern in diesem Jahr nicht. „Wir wollen ein friedliches Fest mit vielen abwechslungsreichen Veranstaltungen feiern“, sagt er.  lfp