Andrej Pfeiffer-Perkuhn referierte Isenburger Bembeltreff: Reformation und Buchdruck

Andrej Pfeiffer-Perkuhn trug die typische Kleidung eines Druckers und zeigte beim Bembeltreff den wohl ersten gedruckten Reiseführer, herausgegeben um 1469, mit dem Motiv der Lagunenstadt Venedig. Foto: Postl

Neu-Isenburg (lfp) – Im Heimatmuseum Haus zum Löwen fanden die Besucher am Freitagabend eine Szene vor, wie sie im Zimmer eines Gelehrten zur Zeit der Reformation hätte stattfinden können. Andrej Pfeiffer-Perkuhn, ein Kulturvermittler des Spätmittelalters, hatte sein „mobiles Museum“ mitgebracht und im Bembeltreff aufgebaut. 

Unter dem Titel „Wegbereiter der Reformation“ referierte der Kulturvermittler über den Zusammenhang der Erfindung des Buchdrucks mit der erfolgreichen Verbreitung der 95 Thesen, die Martin Luther dem Ablasshandel der katholischen Kirche entgegen setzte.

„Wie hätte denn das unverfälschte Wort von Martin Luther weiter gegeben werden können, wenn nicht durch eine unveränderliche Niederschrift?“, fragte Andrej Pfeiffer-Perkuhn und verwies auf die Analphabeten, die damals 98 Prozent der Bevölkerung ausmachten. „Zudem war die erforderliche Menge der zu verbreitenden Schriften nur mit Hilfe des zu dieser Zeit erfunden Buchdrucks möglich“, begründete Pfeiffer-Perkuhn seine These. Die Reformation sei nicht urplötzlich in Gang gesetzt worden, indem ein ehemaliger Augustinermönch ein paar Thesen an eine Kirchentür nagelte. „Es waren die äußeren Umstände, von der Unzufriedenheit der Bauern über den Landverlust der Fürsten bis hin zum aufstrebenden wissbegierigen Bürgertum, das die Reformation förderte“, sagte Pfeiffer-Perkuhn.

Mittelrheinregion als spätmittelalterliches Silicon Valley

Dies war die Basis für eine Aufbruchsstimmung, in deren Spannungsbogen die Entwicklung des Buchdrucks mit ihren bahnbrechenden Folgen kam. Nicht nur der Erfolg mit gedruckten Büchern, auch die generelle Entwicklung von der kostbaren und zeitaufwendigen Handschrift zum Massenmedium beflügelte die Reformation.

„Die Mittelrheinregion war hierbei das Zentrum der Entwicklung und eine Art spätmittelalterliches Silicon Valley“, zog der Kulturvermittler einen Vergleich zur heutigen Zeit. Mit Hilfe von Faksimiles und Nachdrucken zeigte Andrej Pfeiffer-Perkuhn die Entwicklung der Schriften und Bilder von der Papyrusrolle über Pergament zum späteren Druck auf Papier.

Befreiung von der strengen Knechtschaft

„Der Stoff, auf dem Schriften und Malereien festgehalten wurde, war so kostbar, dass nur das Wichtigste darauf verewigt wurde, wobei die Verfallszeit von Papyrus und Pergament relativ kurz ist“, erklärte Pfeiffer-Perkuhn. Dies erkläre, weshalb es nur in Klöstern, Kirchen, Schlössern oder reichen Familien entsprechende Schriftstücke oder Bilder in Rahmen an den Wänden gab. „Aber auch das später erfundene Papier auf Holzbasis hat seine Probleme, denn es ist nicht säurefrei“, sagte der Kulturvermittler und erklärte damit das langsame, aber sichere Verblassen von Schriften und Drucken.

Während der Reformation zerfielen die Länder aufgrund der Unzufriedenheit des Bauernstandes und den daraus folgenden kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Landesfürsten wurden nicht mehr geachtet. „Da kam Luther und propagierte dem gläubigen Volk, dass der Herr einer Länderei auch der kirchliche Oberhirt sein sollte. Damit hatte er die Landesfürsten auf seiner Seite und das fromme Volk ebenfalls“, sagte Pfeiffer-Perkuhn.

Die Lehre Luthers kam dank des von Gutenberg erfundenen Buchdrucks schnell unters Volk. „Die Bauern begrüßten Luthers Abwendung von der strengen Knechtschaft der katholischen Lehre und folgten dem freieren Gedankengut des Reformators“, sagte Andrej Pfeiffer-Perkuhn und stützte damit seine These, dass ohne den Buchdruck die Reformation möglicherweise gescheitert wäre.