Fast wie bei einem „normalen“ Auto Offenbacher Verkehrs-Betriebe warten auch Elektrofahrzeuge

Das Team der OVB-Werkstatt hat für die Wartung von Elektrofahrzeugen eine besondere Kompetenz entwickelt. André Budinger ist Fachkraft für alle Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb. Foto: OVB/Monika Müller

Offenbach (red) – Auch Elektroautos müssen zur Inspektion. Doch wie werden Fahrzeuge mit Hochvolttechnologie gewartet? Das Team der OVB-Werkstatt hat hierfür eine besondere Service-Kompetenz entwickelt. Das Mobilitätsunternehmen der Stadtwerke Offenbach (SOH) ist damit gut für die elektromobile Zukunft gerüstet. Fachkraft bei der OVB für alle Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb ist André Budinger.

Wer hätte das gedacht: Auch ein Elektroauto braucht Kühlung. Genauer: das elektrische System. Der Einfüllstutzen für die Kühlflüssigkeit befindet sich gleich neben dem Herzstück des kleinen Mitsubishi iMiev, einer für die Fahrzeuggröße mächtigen 400 Volt-Gleichstrombatterie unter dem Kofferraumboden im Heck. André Budinger schraubt den Deckel ab und kontrolliert den Flüssigkeitsstand.

Alles also ganz genauso wie beim klassischen Otto-Motor? Nein, keineswegs. Der 46-jährige Fahrzeugelektriker ist einer der Mitarbeiter im 26-köpfigen Team des Technischen Dienstes, der bei den Offenbacher Verkehrs-Betrieben in diesem sensiblen und nicht ungefährlichen Bereich Hand anlegen darf. Denn der Umgang mit Hochvolt-Fahrzeugen will gelernt sein und muss entsprechend geschult werden.

Fachkundiges Personal erforderlich

Der ausgebildete Elektroinstallateur, der auch privat gerne an Autos „schraubt“ und seit 1995 für die OVB tätig ist, hat eigens einen Lehrgang beim TÜV Süd absolviert. Seither ist er in der Hebestraße „Verantwortliche Fachkraft für Fahrzeuge mit elektrischem Fahrantrieb“ – so, wie es der Gesetzgeber für Unternehmen vorschreibt, die mit E-Autos hantieren, von der Werkstatt über die Fahrzeugreiniger bis zum Abschleppdienst.

„Die neue Technik hat mich gereizt“, sagt André Budinger. Als die SOH nach der Eröffnung der ersten eMobil-Leihstation sowie einem ersten E-Bus-Testlauf im Jahr 2011 mit dem Projekt eMiO – Elektromobilität in Offenbach ihr Engagement in diesem Bereich 2013 ausweitete, sei das alles noch Neuland gewesen.

Inzwischen verfügt das OVB-Team bereits über Erfahrung und Routine im Umgang mit zwei- wie vierrädrigen Elektrofahrzeugen, wartet ebenso Pedelecs wie E-Autos, die im Fuhrpark der SOH und der Stadtverwaltung, an der eMobil-Leihstation oder als eMiO-Mietfahrzeuge der SOH in Offenbach ihren Dienst versehen.

OVB-Geschäftsführerin Anja Georgi: „Mit unserem Know-how sind wir für die automobile Zukunft gut gerüstet“. In Kürze werde mit einem Leih-Elektrobus im Linienbetrieb ein neuer Testlauf unternommen. Geplant seien hier bis zu zwei Wochen. Und voraussichtlich bis 2017 werde mit der Zahl der Leihstationen auch die Zahl der zu wartenden Pedelecs und E-Autos weiter zunehmen.

Service-Arbeiten an Elektrofahrzeugen stellen an eine Werkstatt erhöhte Anforderungen. Das gilt nicht nur für die eigens geschulten Spezialisten, sondern für das ganze Team. Jeder, der mit einem solchen Wagen in Berührung kommt, vom KFZ-Mechatroniker, der wie bei Autos mit Verbrennungsmotor nach den Bremsen oder nach der Lenkung schaut, bis zur Reinigungskraft, muss zur eigenen Sicherheit die sich aus der Hochspannung ergebenden Gefahren einschätzen lernen.

André Budinger organisiert hierzu die Unterweisung seiner Kollegen. „Man muss wissen, wann und wie Strom fließt und in welcher Situation etwas passieren kann“, sagt der Offenbacher.

An Orange darf nur der Experte

Im Motor- und unter dem Kofferraum, beim Ansetzen des Wagenhebers am Unterboden, wo ebenfalls Elektrokabel verlaufen, oder beim Wechsel der Räder, hinter denen sich ein Radnabenmotor verstecken kann: Überall, wo sich orangefarbene Kabel oder Verschlüsse finden, darf nur noch der Experte weiter arbeiten. Natürlich muss hierzu die Hochvolt-Stromzufuhr für die komplette Anlage vorher abgetrennt sein.

Der Elektroantrieb selbst ist zwar nahezu wartungsfrei – was laut einer Studie des Instituts für Automobilwirtschaft die Betriebskosten gegenüber Autos mit Verbrennungsmotor um rund 35 Prozent senkt. Doch auch, wenn ein E-Fahrzeug pflegeleichter ist, weil es über keine verschleißanfällige Bauteile wie Kupplung, Keil- und Zahnriemen, Zündkerzen, Öl- und Luftfilter oder Auspuffanlage verfügt: Auch ein Elektroauto muss zur jährlichen Inspektion.

Beim Serviceaufenthalt werden dann nicht nur der Leistungszustand des Hochvolt-Akkus und die Isolation der komplexen Elektronik geprüft, sondern wie bei den Verbrennern ebenfalls Bremsen, Lenkung, Achsen, Bereifung oder die nach wie vor von einer kleinen Zwölf-Volt-Batterie gespeiste Lichtanlage kontrolliert. In dieser Hinsicht unterscheiden sich Elektrofahrzeuge nicht von herkömmlichen Autos.