Schneller als der Sprint-Weltmeister Podenco-Hündin gewinnt beim Jederhundrennen in Offenbach

Erster Rennbesuch: Am Tag zuvor holte Andrea Schwaiger Blanci aus einem Tierheim in Spanien. Jetzt sucht sie ein neues Zuhause für ihn.   Foto: Mangold

Offenbach (man) – Den Weltrekord über hundert Meter hält der Jamaikaner Usain Bolt. Der rannte die Strecke in 8,58 Sekunden ab. Der Weltmeister hätte wohl auch am Sonntag am Mainbogen in Bürgel gerade noch die Nase vorn gehabt – zumindest gegen die Podenco-Mix-Hündin Juni. Gegen Hündin Griesa wäre das Sprint-Wunder aber chancenlos gewesen.
 

Vielleicht hätte sich Juni aber auch vor Bolt geschoben. Stefan Schnee stoppte schließlich per Hand ihre 8,59 Sekunden.
Die automatische Zeiterfassung funktioniert nur im Zusammenspiel mit der Startmaschine. Die pausiert aber. „Hunde müssen den Start aus der Box erst üben“, benennt Roswitha Schnee am Stand von „Dogs and Friends Tierschutz international e.V.“ den Grund. Schnee gehört dem Vorstand des „Frankfurter Club für Windhundrennen“ an, der das Jederhundrennen veranstaltet. Vom Zwergkurzhaardackel bis zu einer wie der schnittigen Juni rennen 151 Vierbeiner übers Grün. Im Gegensatz zur Katze steht der Hund im Ruf, auf Kommandos zu hören. Etliche sehen aber absolut nicht ein, sich auf dem Geläuf nach anderen Wünschen zu richten. Vor dem Start stellt Holger Raab jedem die selben Fragen: „Nummer?“ und „Mit oder ohne?“. Gemeint ist mit oder ohne falschen Hasen, den eine Maschine so schnell an einem Seil ums Rund zieht, dass sich die Jäger immer erst nach Zieleinlauf tatsächlich mit der Beute beschäftigen können.

Ein nicht all zu großer Teilnehmer, in dem fürs Laienauge so etwas wie ein bisschen Dobermann steckt, legt einen geschwinden Start hin, realisiert aber ganz schnell, dass seine Leute bei der Hatz nicht mitmachen, worauf er abrupt die Lust verliert und umkehrt. Andere versuchen, am Eingang, wo die die Leute mit den anderen Hunden auf ihr Rennen warten, einzubiegen. Das kostet Zeit. Einer braucht durch seine Eskapaden 41 Sekunden.

Die Geschichte hinter dem Hund

Hündin Kira juckt der Hase an der Leine wenig, das rennende Hosenbein des Herrchens ist viel spannender. Eine Topzeit geht so aber flöten.
Wenn die Besitzer vermuten, ihr Gefährte wird den Hasen ignorieren, rennen sie ihm möglichst soweit voran, dass sie erst im Ziel eingeholt werden. Holger Raab hält die ungeduldigen Hunde solange fest. Übernimmt das ein Ehemann, während die Gattin am anderen Ende wartet, geht das Rennen oft gänzlich den Bach runter. Der Hund bleibt stehen und überlegt hin und her, wohin er laufen soll. Klappt jedoch alles, freut das die Fotografen, die am Ende der Strecke mit langen Objektiven auf dem Rasen liegen.

Hinter manchen Hunden steckt eine besondere Geschichte. Juni wird zweite in der Klasse der Windhunde. Normalerweise wäre sie längst tot. Ihre Besitzerin Sandra Mann erzählt von Panzer, einem ähnlichen Rassemix, den Passanten als Welpe aus einer polnischen Mülltonne wimmern hörten. Nach einer Irrfahrt über fünf Stationen landete Panzer bei Sandra Mann. Die Frau mit dem Hundeherz nahm zu dessen Unterhaltung auch noch Maniana und Juni auf. Die beiden saßen schon in spanischen Tötungshäusern. Dort landen gefangene Straßenhunde. Andrea Schwaiger, aktiv beim Verein Hundeblicke, läuft mit dem lustigen Blanci umher, der am Tag zuvor ein spanisches Tierheim verließ und keine Probleme haben sollte, ein neues zu Hause zu finden. Usain Bolt würde in einem Rennen gegen die Siegerin des Tages jedenfalls wie ein behäbiger Mops wirken. Für Griesa, ein Galgo, der zu Heike Säckel aus Bieber gehört, trägt Thomas Noschka die Zeit von 6,62 Sekunden ein – 54 Stundenkilometer schnell.