An der Luisenstraße entstehen Mehrfamilienhäuser Seifen-Kappus zieht nach Bieber

Seifen-Kappus wird samt Arbeitsplätzen nach Bieber-Waldhof umziehen. In 2020 sollen am alten Standort die Kappus-Höfe bezugsfertig sein. Architekt Thomas Albrecht (von links), Patricia Kappus-Becker, Horst Schneider, Wolfgang Kappus und Investorenvertreter Leo de Man stellten die Pläne vor. Foto: Mangold

Offenbach (man) – Von Industrie, die auf Nimmerwiedersehen verschwindet, kann man in Offenbach ein Lied singen. In der Innenstadt werden bald weitere 168 Jahre Industriegeschichte enden. Diesmal ist das zwar schade, aber nicht wirklich schlimm. Die M. Kappus-Seifen GmbH & Co. KG wird an der Luisenstraße die Tore schließen. Trotzdem muss deshalb keiner der 65 Angestellten gehen. Das 1848 gegründete und mittlerweile in der fünften Generation geführte Familienunternehmen zieht ins Industriegebiet von Bieber-Waldhof um.

Der Immobilien-Investor Kondor Wessels aus den Niederlanden hatte der Familie Kappus ein Angebot gemacht, das sie schließlich nicht mehr ablehnen wollte. Leo de Man, Geschäftsführer des Investors, berichtet von Gesprächen, die sich über ein dreiviertel Jahr streckten.

Schwer falle es der Familie, den Standort zu verlassen, betont Wolfgang Kappus, der vor 66 Jahren in die Firmenleitung eintrat. Er freue sich aber, dass mit „Kappus-Höfe“ der Name erhalten bleibe, wenn sich schon die Stadt bis heute nicht dazu hätte durchringen können, etwa die kleine Ellenbogen- in Kappusgasse umzubenennen. Wolfgang Kappus betont ansonsten: „Wenn uns das Projekt nicht gefiele, dann hätten wir das nicht gemacht.“

Spielplatz im Innenhof

Wie sich das gestaltet, stellt der in Berlin lebende Architekt Thomas Albrecht vor. Was Häusern und Städtebau der Nachkriegszeit unter anderem das menschliche Antlitz nimmt, sind die fehlenden Zentren. Es finden sich keine Plätze, auf denen sich man sich treffen und kommunizieren könne. Die vierstöckigen Kappus-Höfe stehen im Karree. In der bepflanzten Mitte soll später ein Spielplatz samt Sitzgelegenheiten entstehen. Die Bauart orientiert sich an den flämischen Beginenhöfen: Das Häuser-Ensemble gruppiert sich um einen Innenhof.

In vier Jahren sollen in zwölf Mehrfamilienhäusern 310 Wohnungen zwischen zwei und vier Zimmern zum Einzug bereit stehen, je zur Hälfte für Mieter und Eigentümer bestimmt. Über 80 Millionen Euro fließen in das Projekt. Geplant sind aber nur 75 Prozent an Auto-Stellplätzen. Was Leo de Man mit der Erfahrung des Investors begründet, dass andernorts Stellplätze verwaisen. Besonders unter der jüngeren urbanen Bevölkerung verliert das Auto, das im Schnitt 23,5 Stunden pro Tag nur herumsteht, an Popularität. Wer etwa zur Arbeit ins Bankenviertel muss, ist mit der S-Bahn vom Ledermuseum aus wesentlich schneller unterwegs als mit dem Auto, die Parkplatzsuche nicht eingerechnet.

Seifenladen verschwindet

Laurentius A. Hegeman, ebenfalls Mitglied der Geschäftsführung des Investors, prophezeit ohnehin, in 15 Jahren werde es in der Stadt keine Privatautos mehr geben. Die Leute würden dann auf der Straße per Chip in ein Auto steigen und das an beliebiger Stelle wieder abstellen.

Momentan tüftelt die Familie Kappus am Umzug. Der Seifenladen wird mit Seifen Kappus ebenfalls verschwinden. Wirtschaftlich habe der sich ohnehin nie gerechnet, erklärt Patricia Kappus-Becker „eine Liebhaberei der Familie“. Der Baustart soll Ende nächsten Jahres sein. Bis dahin gilt es, noch einige bürokratischen Hürden zu überspringen.

Die wird Horst Schneider ganz sicher nicht nach oben ziehen wollen. Während der Vorstellung im Achat-Plaza im früheren Schlachthof spricht der Oberbürgermeister davon, das neue Wohnungsbauprojekt unterstreiche die Stellung Offenbachs „als Teil des Nukleus im Rhein-Main-Gebiet“. Schneider bedankt sich bei Wolfgang Kappus „für ihren Mut, die Erinnerung abzureißen“.