Naturschützer modernisieren Insektenhotel / Stadt legt „Nachtweide“ an Überlebenshilfe für Kleingetier

Im vorigen Sommer hatten Helfer des Naturschutzbundes Fledermauskästen aufgehängt. Jetzt schafft die Stadt eine „Nachtweide“ für die Insektenfresser. Bild: p

Waldacker – Insekten und Fledermäuse sind für unser lokales Ökosystem von großer Bedeutung. Und trotzdem machen wir ihnen das (Über-)Leben immer schwerer. Dass es anders geht, zeigen zwei Beispiele aus Waldacker. Und in einem Fall ist die Kettensäge wieder einmal das wichtigste Werkzeug von Naturschützern.

Diese kam am Spielplatz „Lerchenberg“ zum Einsatz, wo Arbeiter Essigbäume rodeten. Die waren in den 1970er-Jahren beliebte Ziergehölze, gehören zu den sogenannten „invasiven“ Arten. Das sind Pflanzen, die anderswo zu Hause sind, sich aber bei uns breitmachten, heimische Arten verdrängen und der Tierwelt keine Nahrung bieten.

Das große Sägen hatte aber auch mit einem Kindergartenprojekt zu tun, das im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgte und mit 5 000 Euro von der Hessischen Umweltlotterie „Genau“ gefördert wurde: Wochenlang hatten sich die „Waldmeister“ – so heißen die Kinder des Waldkindergartens in Waldacker – mit Fledermäusen beschäftigt. Zum Abschluss kamen Dr. Rüdiger Werner, der Vorsitzende des Naturschutzbundes (Nabu) Rödermark, und Hartmut Müller, Experte von der Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Fledermausschutz Seligenstadt, um 60 Fledermauskästen aufzuhängen, die mit dem Preisgeld gekauft und zusammengebaut werden konnten. Dass sich das lohnen würde, hatten Werner und Müller bei nächtlichen Rundgängen mit Ultraschalldetektoren in Erfahrung gebracht. In Waldacker finden sich fünf oder sechs verschiedene Arten, insgesamt relativ viele Tiere für die Größe der Fläche, so Werner.

Was fehlte noch, um das Projekt rund zu machen? Das Nahrungsmittelangebot für die Tiere mit dem eingebauten Ultraschallgerät musste verbessert werden. Und hier kam die Stadt ins Spiel. Die Experten suchten nach einer Fläche für eine sogenannte „Nachtweide“, wandten sich an die Umweltabteilung, die genau jenes rund 530 Quadratmeter große Flurstück in Aussicht stellte, auf dem nun die Essigbäume entfernt wurden. Zumal die Rodungsarbeiten schon damals in der Planung waren.

Das Areal muss jetzt noch ausgekoffert werden, und dann – voraussichtlich im Spätsommer oder Anfang Herbst dieses Jahres – wird dort eine spezielle Mischung nachtblühender Pflanzen eingesät. Der so entstehende Blühstreifen, die „Nachtweide“, soll nachtaktive Insekten anlocken, die wiederum die Hauptnahrung der Fledermäuse sind. Das Projekt wird fast vollständig mit Ersatzgeldern der Unteren Naturschutzbehörde finanziert.

Zusammen mit einer Sozialpraktikantin der Nell-Breuning-Schule, den „Waldmeistern“ und dem Bundesfreiwilligendienstleistenden des Nabu-Kreisverbandes haben Rödermärker Naturschützer das Insektenhotel an der Heide von Waldacker erneuert und drumherum eine Insektenschutzinsel angelegt. In den kommenden Wochen soll noch eine Infotafel angebracht werden, um die Funktionen von Sandröhren, Totholz, Hohlstengeln, Steinhaufen und Sandlinsen zu erläutern.

„Viele Insekten wie Wildbienen, Schlupf- und Grabwespen, aber auch einige Käferarten legen ihre Eier in selbstgegrabene Sandröhren“, sagt Projektleiterin Verena Henschler.

„Da es in der Natur kaum noch blanke Bodenflächen gibt und Totholz genauso weggeräumt wird wie getrocknete Pflanzenstengel, haben es viele Insekten schwer, sich zu vermehren.“ Sie hofft vor allem, dass das kleine Schutzgebiet nicht zu Hundeklos oder Kleinkinder-Tobeplätzen wird.
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