Kunst und Musik in der Werkstatt-Galerie 37 Mit den Händen im Nordend sehen

Heike-Marei Heß (Mitte) zeigt, wie Steatit bearbeitet werden kann. Foto: Faure

Nordend (jf) – Manfred Scharpenberg am Schlagzeug, Mohamed Metwalli am Flügel und Markus Hofmann am Bass sorgten bei „Kunst privat!“ in der Werkstatt-Galerie 37 für den musikalischen Rahmen. Die Musiker, die zur inklusiven Band Blind Foundation gehören, spielten gerade „Imagine“ von den Beatles. Wie heißt es da: „And the world will live as one/Und die ganze Welt wird eins sein“.

Ein bisschen ist sie das in der Werkstatt-Galerie, in der Sehende und Sehbehinderte gemeinsam arbeiten. Heike-Marei Heß, seit 1991 für die Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte tätig und seit vielen Jahren Galerieleiterin, begrüßte die Besucher. Zunächst erzählte sie vom Maler Dieter Josef Bauer, der 1983 erstmals mit Blinden und Skulpturen der Inuit in Berührung kam – ein Erlebnis, das ihn prägte. Inuit arbeiten mit Speckstein, einem Material, dass sich gut bearbeiten lässt. Bauer, der zwischen 1989 und 2005 die Werkstatt leitete und dessen Bilder die Räume schmücken, führte den Steatit in die künstlerischen Kurse mit Sehbehinderten ein.

In der Werkstatt liegen Steine; Steatit, Alabaster, Sandstein. Und Werkzeuge – Knüpfel, Stockhämmer, Raspeln, Feilen, Sägen. „Man muss vorsichtig mit dem Stein umgehen, mit Hammer und Meißel kann schnell etwas wegspringen, was man so nicht will“, äußerte eine sehbehinderte Besucherin. Deshalb arbeiten Menschen, die nicht mehr gut sehen können, lieber mit Raspel und Feile. Was solche Einschränkungen der Sehfähigkeit bedeuten, konnten die Besucher selbst testen, entsprechende Brillen und Augenbinden lagen bereit.

Kunst zum Anfassen

In der benachbarten Galerie sind 17 Objekte von Sehenden und Sehbehinderten ausgestellt – beide Objektgruppen beeindrucken. „Es ist lange in Frage gestellt worden, ob Sehbehinderte überhaupt einen Sinn für Skulpturen haben können“, ging Heike-Marei Heß auf Forschung und Psychologie ein. Erst nach dem Ersten Weltkrieg, in dem viele Soldaten erblindeten, begann die Gesellschaft, diese Behinderung anzuerkennen. „Trotzdem ist ein Gang ins Museum für Sehschwache äußerst schwierig. Anders als hier darf dort nichts angefasst werden – und das ist schließlich die Voraussetzung, um Figürliches zu erfassen.“

Gerade die von Menschen mit eingeschränkter Sehkraft geschaffenen Objekte sind bewundernswert; Köpfe, Katzen, Fische. Und Speckstein ist ein hervorragendes Material, das der Hand schmeichelt, wenn es glatt und glänzend poliert ist. Die 1837 von der Polytechnischen Gesellschaft gegründete Stiftung für Blinde und Sehbehinderte bietet dienstags und mittwochs in der Werkstatt verschiedene Kurse für Kinder ab acht Jahren und für Jugendliche und Erwachsene an. Auch für sehende Verwandte, Angehörige, Freunde sowie Begleitpersonen ist eine Teilnahme an den Angeboten möglich.

Mehr dazu ist unter www.sbs-frankfurt.de zu finden.