Ausstellung „Barbara Klemm – Frankfurt Bilder“ im Historischen Museum Sensible fotografische Beobachterin

Jan Gerchow im Gespräch mit Barbara Klemm, im Hintergrund ein Bild: Faure

Altstadt (jf) – Als Museumsdirektor Jan Gerchow die bekannte Fotografin Barbara Klemm vor zwei Jahren fragte, ob sie sich eine Ausstellung mit ihren Frankfurt-Bildern vorstellen könne, zweifelte sie zunächst. Ob entsprechend viele Bilder zusammenkommen würden? Nach ersten Recherchen sagte sie zu: Es gab ausreichend Material.

„Die Auswahl brauchte viel Zeit und Kraft. Barbara Klemm hat das letzte Barytpapier aufgekauft, das noch zu haben war, um die Abzüge selbst anzufertigen. Nun können wir 230 Schwarz-Weiß-Fotografien zu 19 Themen zeigen“, freute sich Jan Gerchow. Die ersten Fotos stammen aus dem Jahr 1967, das neueste ist eine Aufnahme der nächtlichen Skyline von diesem Jahr.

Als Klemm 1959 aus Karlsruhe nach Frankfurt kam, hatte sie ihre fotografische Lehre mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. Sie begann, in der Klischeeherstellung bei der Zeitung zu arbeiten, schulte außerdem ihren fotografischen Blick, wurde vom Redaktionsfotografen Wolfgang Haut gefördert. Ihre Aufnahmen vom Wahlkampf der NPD 1969 mit behelmten Ordnern wurden nicht nur gedruckt, sondern erregten europaweit Aufsehen. Der damalige Außenminister Walter Scheel sagte der Fotografin später, dass diese Bilder dazu beigetragen hätten, dass die NPD bei der Bundestagswahl an der Fünfprozenthürde scheiterte.

1970 bot die Zeitung Klemm eine Stelle als Redaktionsfotografin an. Sie nahm an und war bis 2005 für die Zeitung weltweit unterwegs. Dabei entstanden so ikonografische Bilder wie jene von Leonid Breschnew und Willy Brandt (1973) und dem Fall der Mauer (1989). Anders als andere Pressefotografen trug sie keine schweren Fototaschen mit sich, verzichtete auf Blitz und Stativ. Ihre Kamera hatte sie unauffällig in ihrer weichen Handtasche, wartete auf den richtigen Moment. „Die Komposition macht ein gutes Bild aus. Und beim Fotografieren kann viel in die Quere kommen“, sagte Klemm.

Während der Studentenbewegung in Frankfurt lernte sie ihren Mann kennen. „Die Studentenbewegung hat mich politisiert. Die Ausstellung ist auch ein Stück unseres Lebens. Mein Mann hat mich immer unterstützt“, äußerte die Fotografin.

In der Ausstellung zeigte sie auf ein Bild, das drei Putzfrauen auf der Automobilmesse 1969 zeigt. Eine ideale Bildkomposition. „Sieht doch aus, als wäre es von einem Regisseur inszeniert. Aber ich habe nichts gestellt, ich musste einfach nur auf den Auslöser drücken“, freut sich Klemm noch heute. So sind viele Bilder entstanden, ohne Anweisungen der Fotografin, ohne Posen, unangestrengt, geradezu beiläufig. Genau das zeichnet Barbara Klemm aus – den richtigen Moment zu erfassen.

Sie macht nach wie vor Aufnahmen, schwarz-weiß und analog. „Die Straßenfotografie ist heute stark eingeschränkt, die Leute wissen um ihr Recht am Bild. Da wird das spontane Foto schwierig“, bemerkte Klemm.

Die Sonderausstellung, die viel von Frankfurt im vergangenen Jahrhundert erzählt, ist im Historischen Museum bis zum 1. April 2024 zu sehen. Es gibt Führungen, ein Podiumsgespräch mit der Fotografin und einen von ihr besprochenen Audioguide. Außerdem ist ein opulenter Katalog erschienen.