Out in Church: „Kirche sollte mit der Regenbogenflagge vorneweg gehen!“ Diskussion in Preungesheim

In St. Christophorus diskutierten schwule, lesbische und transidente Menschen mit dem Publikum über „Out in Church“. F.: Zegelman/Bistum Limburg/p

Preungesheim (red) – „Ich kann mich erst dann von der Kirche als schwuler Mann angenommen fühlen, wenn ich auch mit wechselnden Partnern akzeptiert werde.“ Das sagte Eric Tilch, Jugendbildungsreferent bei der Jugendkirche Kana, bei einer Podiumsdiskussion zu „Out in Church“ im Gemeindezentrum von St. Christophorus in Preungesheim. Die katholische Kirche komme zwar nun an den Punkt, an dem sie feste gleichgeschlechtliche Partnerschaften gerade so akzeptiere – aber alle anderen Formen der Liebe liegen noch immer im Dunkeln. „Ich sorge mich, dass die Kirche an einem Familienbild aus den 50er-Jahren hängt, also Vater, Mutter, Kind“, sagt Tilch. „Dabei gibt es so viel mehr als das, zum Beispiel Patchworkfamilien, wechselnde Beziehungen, polyamore Liebe...“

Der sehr gut besuchte Abend, bei dem das Publikum lebhaft mitdiskutierte, bot eine Bestandsaufnahme fast zweieinhalb Monate, nachdem die Initiative „Out in Church“ Ende Januar mit ihrem kollektiven Outing an die Öffentlichkeit gegangen ist. Damals hatten sich 125 queere Personen, die haupt- oder ehrenamtlich in der katholischen Kirche arbeiteten, in der ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ öffentlich kollektiv geoutet und von ständigem Druck, Versteckspielen und der Angst, alles zu verlieren, berichtet. Die Dokumentation stieß auf viel Interesse und wurde gesellschaftlich breit diskutiert; viele Menschen waren erschüttert vom Leid der Betroffenen.

Eric Tilch trat auch selbst in der Dokumentation auf, ebenso wie Stefan Diefenbach, früher Ordensmann und heute mit einem Mann verheiratet. Auf dem Podium diskutierten außerdem das Ehepaar Bettina Offer und Gabriele Mastmann, beide Juristinnen und in der Pfarrei Sankt Franziskus aktiv, sowie Petra Weitzel und Livia Prüll, beide vom Vorstand deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität. Vor allem ihre Sichtweise auf „Out in Church“ wurde mit großem Interesse verfolgt, denn die Perspektive von trans- und intersexuellen Menschen kam, so der Eindruck, bisher in der öffentlichen Diskussion zu kurz. Das kritisierte auch Tilch: „Der Fokus liegt zu stark auf homosexuellen Männern!“

Weitzel wies darauf hin, dass geschlechtliche Identität und Sexualität zwei unterschiedliche Dinge seien – doch die geschlechtliche Identität werde in der Diskussion zu häufig von der Sexualität verdrängt. Sie bat darum, die trans- und intersexuellen Menschen nicht zu vergessen, wenn es um notwendige Überarbeitungen der kirchlichen Lehre gehe. „Dass ,Out in Church’ auch bei katholischen Bischöfen Unterstützung hat, hat mich gefreut“, sagte Weitzel. Die Bitte darum, trans- und intersexuelle Menschen in den Dialog einzubeziehen, unterstrich Prüll. Sie wisse aus Erfahrung, welche Irritationen es nach dem Outing geben könne. Weitzel bat darum, Kinder und Jugendliche in Kitas ernstzunehmen, wenn diese früh zu erkennen gäben, dass ihr gefühltes nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimme. Es müsse geklärt werden, dass intersexuelle Kinder getauft werden können. Offer forderte die Kirche auf, anzuerkennen, dass hinter jedem Leben ein göttlicher Wille stehe, der anerkannt werden sollte. Einigkeit: Der Vatikan dürfe nicht querschießen!