Bündnis mit SPD und Grünen nach weniger als drei Jahren gescheitert Linke lässt Koalition platzen

Da herrschte noch Einigkeit: Am 26. Mai 2021 unterzeichneten SPD, Grüne und Linke den Koalitionsvertrag im Capitol. Nach weniger als drei Jahren ist das Bündnis gescheitert. Bild: ans

Dietzenbach – Fast drei Jahre hat es gehalten, am Montagabend gegen 22 Uhr war dann Schluss mit dem Bündnis: Die am 26. Mai 2021 geschlossene Mehrheitskoalition aus SPD, Grüne und Linke ist geplatzt. Ausschlaggebend war Die Linke als der kleinste Partner im rot-rot-grünen Bündnis. Das bestätigt die Fraktionsvorsitzende Ivana Medvidovic, die gemeinsam mit Mehmet Basmara ihre Partei im Dietzenbacher Parlament vertritt. „Ja, es ist auf unsere Entscheidung hin zum Bruch gekommen.“

In den vorbereitenden Haushaltsdiskussionen für eine Verabschiedung des Etats in der Stadtverordnetenversammlung am kommenden Freitag habe sich das seit Längerem diskutierte Thema „Wiederkehrende Straßenbeitragssatzungen“ als Knackpunkt herausgestellt. „Es ist unser Anliegen, davon wegzukommen“, sagt Medvidovic. Die Dietzenbacher Satzung mit einer Organisation nach Abrechnungsgebieten sei ein soziales Thema, das „unmittelbar entlastend“ wirken würde. Dabei sei das System nicht ganz fair. „Unabhängig davon, ob ich etwas zur Abnutzung der Straßen beitrage, werde ich finanziell in die Verantwortung genommen.“ Dazu komme, dass eine Sanierung der Wegeführungen oft erst dann vorgenommen werde, wenn alles schon fast „verrottet“ sei. „Dabei wäre es sinnvoller, die Straßen kontinuierlich zu pflegen“, sagt die Fraktionsvorsitzende. Indes habe Die Linke der Koalition einen Kompromissvorschlag gemacht, nach dem die Straßenbeiträge nicht auf einmal, sondern innerhalb von zwei Jahren in drei Stufen abgeschafft werden sollten. „Aber auch das hat keine Einigung gefunden“, berichtet Medvidovic. „Dabei wäre dies schon im Rahmen dieses Haushaltes möglich gewesen.“ Entsprechend werde Die Linke nun einen eigenen Antrag in die Haushaltsdebatte einbringen. „Und dann macht es auch keinen Sinn mehr, Hand in Hand zu handeln.“ Darüber hinaus hätten sich bereits seit längerem weitere Störungen in der gemeinsam Arbeit entwickelt. „Wir wurden nicht immer wertgeschätzt und häufig als unerfahren abgetan“, berichtet Medvidovic. Dazu komme, dass Die Linke öfter auch keine Informationen erhalten habe. „Was ist das denn für eine Umgangsweise miteinander?“, fragt sie. Dennoch hält es Ivana Medvidovic für möglich, auch künftig inhaltlich zusammenzuarbeiten.

Das sieht auch Ahmed Idrees, Fraktionsvorsitzender der SPD so. „Wir haben die Kooperation mit der Linken sehr geschätzt“, betont er. Grundsätzlich seien sich alle darüber einig, dass dem System der Straßenbeiträge etwas Unsoziales anhafte. „Aber bei aller Nachvollziehbarkeit können wir sie in unserer Haushaltssituation nicht abschaffen.“ Fallen die Beiträge weg, fehlten im Haushalt zwischen 400 000 und 500 000 Euro. „Und das in den nächsten Jahren“, stellt Idrees fest.

Sowohl für die Haushaltsbeschlüsse als auch für die künftigen Abstimmungen im Parlament geht der SPD-Fraktionsvorsitzende jetzt von wechselnden Mehrheiten aus. Rot-rot-grün verfügte bisher mit 23 von 45 Sitzen über eine knappe Mehrheit, stärkste Kraft war nach der letzten Kommunalwahl die CDU mit 13 Stimmen. „Wir haben auch nach dem Ende der Koalition viele Übereinstimmungen“, sagt der Fraktionschef der Grünen, Heiko Hausmann. „Das grundsätzliche Problem bei den Straßenbeiträgen ist verständlich, aber angesichts der Haushaltslage können wir die Beiträge nicht abschaffen.“

Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende, Stephan Gieseler, denkt ebenso an wechselnde Mehrheiten, betont aber auch: „Dietzenbach braucht Zuverlässigkeit.“ So könne der Bruch der Koalition eventuell zu einer Zusammenarbeit in „sachlichen Gemeinschaften“ führen. „Wenn die SPD etwa vernünftige Anträge hat, sind wir nicht diejenigen, die nicht mitgehen.“ Ein Stück der Verantwortung sieht der Ex-Bürgermeister bei den beiden hauptamtlichen Dezernenten, Rathauschef Dieter Lang (SPD) und dem Ersten Stadtrat René Bacher (Grüne). „Es gibt da eine latente Entscheidungsschwäche, zu wenig wird vorgegeben und zu viel ins Parlament abgegeben“, sagt er. Zudem gebe es eine „verschiedentlich herablassende Art“, die möglicherweise zum Bruch der Koalition beigetragen habe. Die Entfremdung in der Koalition habe sich schon länger abgezeichnet, stellt Dirk Hill (FDP) fest. Auch Jens Hinrichsen (FW-UDS) sagt: „Da war keine positive Stimmung mehr.“ Nun hoffe er auf stärkere Diskussionen in der Sache. In diese Richtung geht auch der fraktionslose Jürgen Balzar: „Mein höchster Respekt geht an Die Linke, die diese Entscheidung getroffen hat – jetzt geht es in Dietzenbach um die Bürger und nicht um Positionen oder Laufbahnen.“

Von Barbara Scholze