Dietzenbacher Rainer Kilian schreibt Bühnenstück „Ein Stück Luther steckt in uns allen“

Dank moderner Technik hat Rainer Kilian sein Stück über den Reformator Martin Luther in sein Tablet diktiert. Foto: Kammermeier

Dietzenbach (tsk) – Wenn man Rainer Kilian als Ensemblemitglied der Theatergruppe TICK der Evangelischen Christusgemeinde so auf der Bühne erlebt, würde man nicht unbedingt auf die Idee kommen, dass er im Grund genommen blind ist.

Mit weniger als zwei Prozent Sehkraft, die ihm geblieben sind, wird er medizinisch als blind eingestuft. Dies hält ihn aber nicht davon ab zu schauspielern. Nun hat er sein erstes Bühnenstück geschrieben. Dieses kommt Ende des Monats in der Evangelischen Christuskirche in Dietzenbach zur Uraufführung und befasst sich mit Luther. Dabei ist Kilian eigentlich katholisch. Hat sogar vier Semester katholische Theologie in Mainz studiert, bis seine Sehkraft sich dramatisch verschlechterte, sodass er das Studium abbrechen musste.

Dass er sich in der Evangelischen Christuskirche engagiert, hängt mit seiner Frau zusammen. Diese ist nämlich protestantisch. Die Ehe sei von gelebter Ökumene getragen, erzählt er. Wegen seiner Frau ist er auch von Heusenstamm nach Dietzenbach gezogen. Mit seinen Worten: „Der Liebe wegen!“. Zum Ensemble kam Kilian, durch Karl-Heinz Lehr, der bereits 2003 eingestiegen war und ihn ein Jahr später animierte, es ihm gleich zu tun. „Wir wollten dem Heusenstammer Kultur beibringen!“, frotzelt Lehr. Kilian ist beim TICK hängen geblieben. „Weils Spaß macht!“, sagt er. Dass er nun ein Theaterstück geschrieben hat, hat er dem evangelischen Pfarrer Manfred Senft zu verdanken, der ihn 2016 anrief und andeutungsvoll meinte: „Nächstes Jahr! Du weißt schon...“.

Gemeint war das große Reformationsjubiläum. Die Theatergruppe hatte bislang erfolgreich Boulevardstücke gespielt. Aber Luther als Komödie? In dem Telefonat erklärte Senft, dass er Kilian zutrauen würde, ein ernstes Bühnenstück zu schreiben. Gesagt - getan. Zumindest ein Jahr später. Denn der Verlauf der Geschichte wurde in dem halbstündigen Telefonat festgelegt. Im Kopf entstand übers Jahr die Geschichte im Detail. „Denn ein Stück Luther steckt in uns allen“, meint er. Diktiert wurde sie von Kilian in fünf Tagen. Dank moderner Technik in sein Tablet. In seiner Situation die einzige Möglichkeit. „Luther war schneller. Er hat das Neue Testament in elf Wochen übersetzt“, scherzt der neue Bühnenautor. Das Schreiben habe sich indes alles einfach so ergeben. Und jetzt wird auch er andeutungsvoll: da habe wohl jemand da oben seine Hand im Spiel gehabt...

Weitere Artikelbilder