Botschaft ist Mittelpunkt Kirchweihbesucher schicken Luftballons auf die Reise

Pfarrer Johannes Schmitt-Helfferich hatte noch davor gewarnt, die Luftballons vor dem Startschuss nicht loszulassen. Ein paar davon stiegen dennoch schon vorher gen Himmel. Foto: Mangold

Mühlheim (man) – Die meisten sehen in der Kirchweih nur noch den Volksfestcharakter. Da rumsen die Autoskooter gegeneinander und die Kerbborschen lassen die Gläser klirren. Bei den Katholiken von St. Markus steht rund um die Kirchweih zwar auch eine Menge auf dem Unterhaltungsprogramm, die religiöse Botschaft geht dabei jedoch nicht unter.

Die Gruppe, die jeweils die Macht ausübt, die baut am höchsten. Über Jahrhunderte ragten die christlichen Sakralbauten über allem. Längst sind es die Kolosse der Banken oder Ölmagnaten, die am Himmel kratzen. Der mit 161 Metern höchsten Kirchturm der Welt in Ulm wirkt dagegen ziemlich bescheiden. In Mühlheim blieb die Zeit ein klein wenig stehen. Die 69 Meter hohe Kirche von St. Markus in der Altstadt lässt sich vom Main aus schon von weitem aus den Richtungen Hanau und Frankfurt sehen. „Sie ist das höchste Gebäude unserer Stadt“, betonte Johannes Schmitt-Helfferich am Sonntag während des feierlichen Kirchweihhochamts, das diesmal das Thema „Zwischen Himmel und Erde“ hatte.

Der Pfarrer erwähnte auch die Historie des Gebäudes, das vor rund 1.400 Jahren als kleine Holzkapelle entstand. Heute finden nicht nur an Weihnachten mehrere hundert Menschen auf den Bänken Platz. Der Glaube schreibt Kirchen eine besondere Funktion zu: „Du wollest hören das Gebet, das dein Knecht an dieser Stätte tut,“ trug Maria Dittner die alttestamentarische Sequenz aus dem Buch der Könige vor.

Bogen zur St. Markus-Gemeinde

Johannes Schmitt-Helfferich las die Passage aus Matthäus im Neuen Testament, wo ein Jünger auf die Frage Jesu, für wen er ihn halte, eine Antwort gibt, die für den Kern des Christentums steht: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Worauf Jesus gleichsam den Startschuss zum ersten christlichen Bau gibt: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“

In seiner Predigt erwähnte der Geistliche auch den Abend zuvor, als Mitglieder der italienischen Gemeinde im Gemeindezentrum nebenan Pizza servierten. Schmitt-Helfferich zieht einen Bogen zur St. Markus-Gemeinde: „Ohne unsere Kirche wäre Mühlheim wie eine Pizza ohne Belag.“

Als es nur eine Kirche gab

Was der Priester außerdem erwähnte, hätte ihn vor ein paar Jahrhunderten den Ruf eines Ketzers eingebracht, samt unerquicklicher Folgen fürs seelische und körperliche Befinden. Schmitt-Helfferich sprach von Zeiten, als es nur die eine Kirche gab, aus der sich die Protestanten und letztlich alle anderen Bewegungen abspalteten. Daraus folgert der Geistliche: „Wir Christen gehören alle zusammen.“ Er sei gespannt, wie sich der Besuch von Franziskus im südschwedischen Lund gestalten werde. Mit dem Argentinier nimmt der erste Papst an einer Gedenkfeier des Lutherischen Weltbunds zum Reformationstag teil. Der jährt sich zum 500. Mal.

In Mühlheim funktioniere die Ökumene jedenfalls wie am Schnürchen. Am Abend zuvor hatte der protestantische Pfarrer Patrick Smith von der Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde im Markwald beim gemeinsamen Gottesdienst in St. Markus gepredigt. Der habe berichtet, zitierte sein katholischer Kollege, wie er sich als Kind die einzelnen Punkte der Fotos in der Zeitung betrachtete, die sich zu einem ganzen Bild zusammensetzen. Smith zog die Allegorie: „Jeder Mensch ist in der Welt wie ein Punkt auf dem Bild, den Gott genauso will.“

Postkarte am Luftballon

Nach dem Gottesdienst stiegen vor der Kirche mit Helium gefüllte Luftballons in den blauen Herbsthimmel. An jedem hing eine Postkarte. Gemeindehelfer Jens-Niklas Oberbeck sprach von der Botschaft des Glaubens, der in die Welt fliegen soll und hofft, möglichst viele Karten mögen von möglichst weit her auf dem Postweg wieder im Pfarramt von St. Markus landen. Das Blasorchester der Sport-Union unter Sven Greifenstein spielte zum Ballonsteigen genauso auf wie im Anschluss im Hof vor dem Gemeindezentrum zum Frühschoppen. Anschließend stand das Mittagessen mit Braten und Klößen bereit.