Auf den Spuren Jules Vernes Fantasie-Luftschiffe im Zeppelin-Museum

Ein illustres Publikum sitzt im Hof des Zeppelin-Museums, wie durch eine Zeitmaschine aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart katapultiert. Die Idee, eine Ausstellungseröffnung mit einem Steampunk-Festival zu kombinieren, funktioniert. Foto: Mangold

Zeppelinheim (man) – Wer den Begriff Steampunk noch nicht kannte, konnte am vergangenen Samstag an der Kapitän-Lehmann-Straße seinen Horizont erweitern. Dort stand im Zeppelin-Museum „Die kleine Nacht der Luftschiffe“ auf dem Programm. Über 300 Gäste erschienen, und viele wirkten, als hätten sie einen Zeitsprung aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart hinter sich.

Christian Kunz leitet die städtischen Museum seit August. Dem 41-Jährigen gelang es zügig, sich den Ruf des Erneuerers zu erarbeiten, der für frischen Wind sorgt. Mancher Vertreter der Stadt stutzte vielleicht erst mal, doch verschreckt musste sich keiner fühlen. Seine Idee, dass in den Museum der Eintritt wegfällt, dafür jeder das bezahlt, was er will, zündete nicht nur in der Theorie. Die Zahl der Besucher stieg seitdem um 25 Prozent, die Einnahmen hielten Schritt.

Boris Bernhard: Feste Größe in der Steampunk-Szene

Am Samstag begann im Untergeschoss des Zeppelin-Museums die Ausstellung „Fantasie-Luftschiffe à la Jules Verne“. Im Vorfeld hatte Kunz Vertreter des Vereins für Zeppelin-Luftschifffahrt gefragt, wie sie einst auf das Thema Luftschiff kamen. Viele erwähnten Leseerlebnisse aus der Jugend, zitierten Titel wie „Die Reise zum Mond“ und „In 80 Tagen um die Welt“ des französischen Autors Jules Verne.

Kunz kennt Boris Bernhard. Sein Kumpel aus Weiterstadt bei Darmstadt gilt als feste Größe in der Steampunk-Szene. Die nennt sich zwar Punk, mit grünen Haaren und Ratten auf der Schulter hat sie aber gar nichts gemein: Gemeint ist ein Stil in Technik und Mode, der sich an der Ästhetik des 19. Jahrhunderts und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts orientiert. Bernhard gab seinen Bekannten aus der Szene Bescheid. Die nippten im Museum an den Cocktails, sorgten für eine volle Hütte und illustre Optik.

„Einfach nur geil“

Zur Steampunk-Atmosphäre passte der Auftritt des Sängers Dennis Wittberg, begleitet von Jörg-Walter Gerlach am Piano. Ähnlich wie Max Raabe lässt Wittberg die 1920er Jahre wieder aufleben.

„Einfach nur geil“, nannte Bettina Stuckard die Veranstaltung. Die Chefin des Kulturbüros der Stadt gibt zu, sich für andere Dinge als Technik noch mehr zu interessieren. Damit spricht Stuckard für etliche Gäste, die es dennoch in das Technikmuseum zog, „weil Christian Kunz beide Genres wunderbar kombiniert“. Im selben Raum karikierte die Schnellzeichnerin mit dem Namen „Frollein Eve“ die Leute auf freundlich, emphatische Weise. Einen Stand weiter konnten sich bei „Vecona Vintage“ Frauen und Männer im von den 20er bis 40er Jahren inspirierten Textildesign einkleiden.

In der Ausstellung im Untergeschoss präsentierte etwa der bei München lebende Designer Dirk Müller Bilder aus seinem Abenteuerfilm mit dem Titel „Airlords of Airia“. Valentin Felder aus Coburg demonstrierte die Herstellungsweise eines Animationsfilms im Steampunk-Stil, an dem er seit über vier Jahren arbeitet.

Ähnlich dem klassischen Zeichentrickfilm, bei dem jedes Bild gezeichnet wird, stellt der 23-Jährige mit Figuren Szenen nach, die er fotografiert. Bisher füllen 20.000 Bilder 13 Minuten Film. Vor Felder liegen noch sieben Minuten, die wohl zwei Jahren Arbeitszeit entsprechen werden.