2019 schuf er in Erinnerung an seine verstorbene Frau aus einem Baumstamm die Skulptur „Strophen“ im Trauerhain sieben des Waldfriedhofs. Was damals von ihm als einmaliges Schaffen gesehen wurde, begeisterte den Friedhofszweckverband und so kam beim nächsten größeren Baum, der gefällt werden musste, die Frage auf, ob man diesen nicht auch gestalten könne. Dabei handelte es sich um eine Rotbuche. In Absprache mit Piel und dem Friedhofszweckverband wurde der Stamm auf einer Höhe von drei Metern stehen gelassen, so entstand in diesem Jahr die zweite Skulptur. Dazu hat Piel ein weiteres Gedicht gestiftet. Dabei handelt es sich um „Augenblick“ von Andreas Gryphius, das bei der Übergabe von Vollbach vorgetragen wurde, nicht ohne den Bogen zu spannen von der Entstehungszeit bis zum heutigen „Augenblick“. Für die musikalische Untermalung sorgte Günter Bozem an den Percussions. Kunsthistorikerin Esther Erfert-Piel ging näher auf die Arbeit ein. Sie sprach von einem Experiment, da das Holz noch auf der Wurzel steht. „Die Zeit wird zeigen, wie sich das Material der Skulptur verändert.“ Das Werk stellt zwei abstrahierte Figuren dar, die sich umarmen.
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„Es ist ein kurzer Augenblick, ein kurzer Moment, in dem nichts, aber auch vieles passieren kann“, sagt Erfert-Piel. Die Figuren sind in einem innigen Augenblick verbunden, bei dem nicht klar ist, ob es sich um eine Begegnung, eine zärtliche Zuneigung oder einen Abschied handelt. Für Erfert-Piel lenkt kein Gesicht, keine Mimik von der Innerlichkeit der Begegnung ab, der Darstellung des reinen Gefühls zwischen den beiden Wesen. „Und obwohl die Formen in ihrer Kantigkeit eigentlich abweisend wirken müssten, strahlt die Skulptur Verbundenheit und Wärme aus“, sagt sie. Piel greife die Neigung des Baumes auf, dadurch wirken die beiden Figuren auch äußerlich bewegt. Piels Skulpturen entstehen im ständigen Dialog mit dem Material. Es ist die „Kommunikation“ zwischen Material und Künstler, die ein künstlerisches Schaffen erst möglich macht. Seine Skulpturen zeigen Seelenzustände und sind in diesem Sinne ‚skulpturgewordene Emotionen’. hok