Die Neu-Isenburger Historikerin Katrin Lindig hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben von damals im Welschen Dorf, so realistisch wie möglich zu schildern – aus Sicht einer jungen Frau. Dazu schlüpfte sie am Sonntagnachmittag wieder einmal in die damals typische weibliche Kleidung und führte die Teilnehmer der historischen Stadtführung an markante geschichtsträchtige Orte. Wichtige Stationen waren das Gotteshaus, die Schule, das Haus zum Löwen und das Rathaus, das es ja leider nicht mehr gibt.
Hugenotten waren gute Handwerker
„Meine Eltern und die anderen sind geflüchtet, weil wir unseren calvinistischen Glauben nicht mehr behalten durften sondern zum katholischen Glauben des Königs wechseln sollten“, erzählte das Hugenottenmädchen vor der Evangelisch-reformierten Kirche am Marktplatz.
Da die Felder um die Siedlung Neu-Isenburg entweder den Frankfurtern oder den Sprendlingern gehörten, war keine Landwirtschaft möglich. „Um zu überleben, besannen wir uns auf das was wir konnten, und wir waren gute Handwerker“, sagte die Hugenottin. So lebte in Neu-Isenburg das Handwerk der Hasenhaarschneiderei und der Strumpfwirkerei wieder auf. Aber die Hugenotten waren auch gute Zimmerleute, Schreiner oder Lederverarbeiter.
Ausstellung im Stadtarchiv
„Ich konnte sogar lesen und schreiben“, überraschte das Hugenottenmädchen die Teilnehmer der historischen Führung an der alten französischen Schule. Nicht nur der Lehrer vermittelte Grundkenntnisse, es waren insbesondere die schlauen Handwerksburschen. Die alte Schule ist das einzig noch ursprünglich erhaltene Gebäude aus der Gründungszeit von Neu-Isenburg. Wer sich über die Geschichte der Hugenottensiedlung informieren möchte, findet viele Informationen im Heimatmuseum „Haus zum Löwen“, mehr noch im Stadtarchiv: Dort ist gerade eine Ausstellung von Dokumenten über den alten Ort zu sehen.