Autor stellt Roman „Stern geht“ vor Offenbach: Thomas Heerma van Voss liest im Buchladen am Markt

Thomas Heerma van Voss (links) im Gespräch mit Ulrich Faure. Foto: Faure

Offenbach (jf) – Andrea Tuscher, Inhaberin der Buchhandlung am Wilhelmsplatz, hat mit ihrem Team alles gut vorbereitet. Die ersten Gäste treffen ein, werden begrüßt, wer ein Gläschen Wein möchte, bekommt das gerne. Der Laden füllt sich, Stühle werden noch herbeigeschafft.

Der junge Niederländer Thomas Heerma van Voss und sein deutscher Übersetzer Ulrich Faure stellen das Buch „Stern geht“, vor wenigen Wochen im Verlag Schöffling & Co. erschienen, vor. „Wir haben seit Jahren guten Kontakt zum Schöffling Verlag. Der Autor passt prima, denn die Niederlande und Flandern sind in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse“, erklärt Andrea Tuscher zu Beginn. Ein ganzes Schaufenster hat der Buchladen dem Ehrengast gewidmet.

Begrüßung auf Englisch, Lesung auf Niederländisch

Ulrich Faure erzählt zunächst, wie es zum Buch kam. Es war eine Empfehlung von Victor Schiferli vom Nederlands Letterenfonds, der niederländischen Literaturstiftung. „Eigentlich hatte der Schöffling Verlag das Programm schon komplett, aber als die Verlegerin das Manuskript gelesen hatte, sagte sie: Machen wir!“, berichtet Faure. Thomas Heerma van Voss begrüßt das Publikum auf Englisch, liest dann das erste Kapitel auf Niederländisch – man merkt nicht, dass ihm nur das deutsche Manuskript vorliegt, das Original hat er nicht dabei. Eine Rückübersetzung also.

Zweites Buch von Thomas Heerma van Voss

Hugo Stern und sein Sohn Bram kegeln, der Vater ohne rechte Lust, es wird ein kurzer Aufenthalt im Bowlingcenter. Hugo Stern, Grundschullehrer, wird in den Vorruhestand geschickt. Von da an ist nichts mehr, wie es war. „Du hast dieses Buch in einer kunstvollen, verdichteten Sprache geschrieben. Wie kommt man als so junger Mensch dazu?“, fragt Faure. „Es ist mein zweites Buch“, antwortet der 1990 geborene van Voss, „viele Autoren schreiben Tagebücher, aber ich wollte einen größeren Lebensentwurf schildern.“ Autobiografisch sei das Buch nicht, er sei nicht Hugo Sterns Sohn Bram – aber das Thema sei ihm vertraut.

Eine Geschichte von Einsamkeit und Desillusionierungen

„Es ist ein Buch über Einsamkeit, große Ziele, große Desillusionierungen – wie kommt ein junger Mann auf so ein Thema?“, will Faure wissen. „Ich habe meinen alten Lehrer wiedergetroffen. Er erklärte die gleichen Sachen, wie zu meiner Schulzeit. Und ich dachte: Was passiert eigentlich, wenn dieser Lehrer von heute auf morgen seine Arbeit verliert? Das ist der Kern“, erklärt van Voss. Er wollte Stern nicht als Verlierer darstellen, der Protagonist sollte empathisch wirken. Das Buch, so erfahren die Zuhörer, sei nicht nach Plan, nicht am Reißbrett entstanden.

Stern ist ein Kontrollfreak"

„In der ersten Fassung waren es 500 Seiten, die ganze Lebensgeschichte“, verrät der Autor. Nun sind es in der deutschen Fassung noch 270 Seiten. Viereinhalb Jahre habe er gebraucht; ein Jahr zum Schreiben, den Rest der Zeit zum Kürzen: „Das war viel schwieriger“, lacht van Voss und senkt den Blick. „Stern ist ein Kontrollfreak, möchte alles im Blick behalten. Der Leser würde ihn gerne manchmal durchschütteln“, erläutert Faure. „Ja, er ist ein lethargischer, hochintelligenter und passiver Typ. Ich hätte ihn selbst gern durchgeschüttelt“, sagt van Voss.

Literarisches Talent des Jahres 2015

Es folgt noch eine Passage aus dem Buch, und die Zuhörer verstehen, was Autor und Übersetzer meinen. Thomas Heerma van Voss wurde 2015 von der Tageszeitung „De Volkskrant“ zum „Literarischen Talent des Jahres“ gekürt. „Stern geht“ ist ein Roman, der schildert, wie Lebenskonzepte zerbröseln, wie es aussieht, wenn man keinen Plan B hat. Das Buch berührt – das sagen alle, die es gelesen haben. Und im Buchladen am Markt waren es mehrere aus dem Team.