Von halben Affen und Alltagszauber Autorenkollegen beim Stadtschreiber zu Gast

Stadtschreiber Thomas Melle (Mitte) holte zwei österreichische Kollegen auf das Podium: Xaver Bayer und Teresa Präauer. Foto: zko

Bergen-Enkheim (zko) – Bergen-Enkheims Stadtschreiber Thomas Melle hatte von seinem Privileg Gebrauch gemacht, zwei Kollegen zu einer Lesung in die Nikolauskapelle einzuladen. Mit Xaver Bayer und Teresa Präauer bereitete er zwei Schriftstellern österreichischer Herkunft die Bühne und moderierte die Veranstaltung.

Vor 15 Jahren habe Melle Bayers Roman „Die Alaskastraße“ gelesen und sei fasziniert gewesen von der Präzision der Sprache und dem elegant geschriebenen Text. Der 1977 in Wien geborene Xaver Bayer habe Melles Meinung nach seitdem eine interessante Entwicklung vom Popliteraten zu einem Autor der hochpräzisen Schilderungen durchgemacht.

Xaver Bayers Texte bestechen durch eigenwillige Sprache

Aus seinem vor vier Jahren publizierten Kurzprosaband „Geheimnisvolles Knistern aus dem Zauberreich“ las Bayer einige Texte, die durch ihre eigenwillige Sprache und ungewöhnliche Ich-Perspektive bestachen. Der Bergen-Enkheimer Stadtschreiber bemerkte nach diesen Texten, dass es eigentlich am schönsten wäre, die Texte nur zu hören und dann zu gehen, aber vom Publikum ja erwartet würde, dass man darüber spräche. Xaver Bayer pflichtete dem Schriftsteller-Kollegen bei, indem er betonte, dass er sich bei Lesungen wie ein Handelsvertreter vorkäme und das Schönste am Autorendasein ohnehin das Schreiben sei.

Zur Entwicklung seiner Schreibbiografie befragt, meinte er, dass er nicht wisse, was herauskomme, wenn er schreibe und er mit der Entwicklung seines Schreibens brav mitginge und keinen Widerstand mehr leiste. Er habe die Form der Kurzprosa gewählt, da er am Tag nur wenige Stunden zum Schreiben zur Verfügung gehabt habe und in Cafés, Mensen, Einkaufszentren oder der Natur geschrieben habe.

Teresa Präauers kraftvoller Vortragsstil beeindruckt die Zuhörer

Teresa Präauer, 1979 in Wien geboren, las aus ihrem vor zwei Jahren erschienenen Roman „Oh Schimmi“ und betonte, dass für sie eine Figur erst existiere, wenn sie sich sprachlich zeige. Schimmi ist halb Mann, halb Affe, was vielleicht aber auch keine Rolle spielt. Präauers Sprache ebenso wie ihr Vortragsstil waren kraftvoll und schrill. Eine Zuhörerin fragte, ob es denn ein Hörbuch vom Roman gäbe, es sei ein Genuss, der Autorin zuzuhören. Leider nein, ließ Präauer wissen, sie wünsche sich aber, dass die Leser den Text zu Hause selbst laut läsen, nicht zwingend im Affenkostüm. „Das Ich versteckt sich für mich unter Masken, mich reizt die ungewöhnliche Perspektive“ formulierte sie abschließend. Es war ein lohnender Abend mit zwei bemerkenswerten Literaten.