Alles Kunst: Vom Interieur bis zum Duschvorhang Kunstverein Familie Montez erhält Förderung

Mirek Macke, (von links) der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein mit dem Zuwendungsbescheid, Christiane Schürkmann und Marten Schech, dahinter Bilder von Melanie Börner und Alexander Endrullat. Foto: Faure

Ostend (jf) – Im Brückengewölbe der Honsellbrücke wurde drei Tage vor Ausstellungseröffnung noch viel gearbeitet. Einige Objekte waren bereits aufgestellt, andere noch im Werden, wieder andere warteten noch verpackt. Fertig war aber der Katalog. Die druckfrischen Exemplare lagen in Kartons auf einem der illustren Möbel in der Eingangshalle. Besonderer Besuch hatte sich angekündigt, der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein wollte sich im Kunstverein umsehen und hatte einen Zuwendungsbescheid für den 100-seitigen Katalog mitgebracht.

 „Das ist ja toll hier!“, zeigte er sich begeistert; es war Rheins erster Kontakt mit den Räumen, die der Kunstverein seit März 2014 bespielt. Mirek Macke, 2007 mit Anja Czioska Gründer des Kunstvereins Familie Montez und heute dessen Direktor, führte den Minister durch die Räume und erläuterte, was alles an unterschiedlichen Veranstaltungen – Expositionen, Musik, Lesungen, sogar Yoga – in den Räumen organisiert wird.

Rechts des Eingangs ist die große Ausstellungshalle. Christiane Schürkmann und Marten Schech, Soziologin und Künstler und beide Herausgeber des Katalogs, der auch durch das Kulturamt Frankfurt und die Liebelt-Stiftung Hamburg gefördert wurde, erklärten einige Objekte. Boris Rhein kam mit einigen der sieben ausstellenden Künstler ins Gespräch, bewunderte die Objekte und wurde später auf einem Polaroid selbst zum Objekt.

Architektur und Botanik verbunden

Eine rosa-weiße Skulptur, die in ihrer Struktur an Fachwerk erinnert, ist ein verwirrendes Gebilde aus Aluminium. Dabei merkt man erst bei Berührung, dass dieses Objekt nicht aus Holz ist. Woher kommt die ungewöhnliche, beinahe runde Form? „Von den aus Westernfilmen bekannten rollenden Sträuchern“, erklärte Marten Schech, der dieses Objekt gestaltet hat. Irritierend und gleichzeitig aufschlussreich, wie Schech Architektur und Botanik auf besondere Weise verbunden hat.

Großformatig, nämlich auf Bettlaken, sind die Arbeiten von Melanie Börner zum Thema Schminken, hinter denen sich allerdings weit mehr verbirgt. Die grell bemalten Laken sind auf Holzgestelle, die Paravents ähneln, gespannt. Außerdem hängen Kleidungsstücke in knallbunten Farben an den Gestellen. Mirek Macke zeigte dem Minister weitere Räume, darunter „das Herz“, ein Raum voller Bilder und Skulpturen, dicht an dicht gehängt. „Als wir 2012 unser Domizil in der Breiten Gasse verlassen mussten, wanderten wir unter dem Motto ‚Montez im Exil’ durch die Republik, begegneten verschiedenen Künstlern und erhielten Arbeiten von ihnen. Was mit 50 Werken begann, hat sich inzwischen auf 340 erweitert“, sagte Macke.

Gewölbe unter der Honsellbrücke als Standort

Er fügte hinzu: „Auf unserem ehemaligen Domizil in der Breiten Gasse hat sich bis heute kaum etwas verändert.“ Allerdings sei die Honsellbrücke ein guter und ungewöhnlicher Standort. „In diesem Brückengewölbe scheint mir Hilmar Hoffmanns Forderung nach ‚Kultur für alle’ umgesetzt“, äußerte Rhein beeindruckt. „Und hier ist irgendwie alles Kunst – vom Interieur bis zum Duschvorhang“, sagte Macke. Weiter ging die Führung in die Räume links der Theke, Marcel Walldorf arbeitete an einer großen Skulptur aus Salzteig, Mehl und Stahl. Eine andere Installation des Künstlers, „Das Ende vom Lied“, befand sich in der Ausstellungshalle, in der die Gruppe nochmals zusammenkam.

Die Bremer Stadtmusikanten, einst gejagt und vom Tod bedroht, finden im Grimmschen Märchen zum Schluss ein Haus, in dem alle miteinander wohnen können. Die Realität von Marcel Walldorf ist schockierend anders, die Felle von Esel, Hund, Katze und der Balg des Hahnes sind übereinandergeschichtet. Plattgefahren. Eine Position zeitgenössischer Kunst, die aufrüttelt und nachdenklich stimmt. Genau das ist das Anliegen der Gruppenexposition mit Malereien, Skulpturen, Fotografien, Videoarbeiten und Performances, die bis zum 10. September zu sehen ist. Mehr dazu gibt es unter www.kvfm.de.