70 Jahre Jazzkeller in Frankfurt 19 Stufen abwärts in die Welt des Jazz

Sie gehört einfach in den Keller, die gut sortierte Bar.

Innenstadt (zmo) – Ob die Jazzkneipe zwischen der Freßgass und der Goethestraße mal 70 Jahre alt wird, daran hatte bei der Eröffnung 1952 sicherlich niemand einen Gedanken verschwendet. Frankfurt kämpfte da noch mit den Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges, als der Trompeter Karl (Carlo) Bohländer in der noch stark zerstörten Innenstadt das „Domicil de Jazz“ eröffnete.

Aus dem 19 Stufen tiefen Keller wurde ein weltweit einmaliges Zentrum des Jazz. Noch heute bekommen Gäste eine Gänsehaut, wenn sie die 19 Stufen in den Gewölbekeller hinuntergehen und von den Plakaten an den Wänden gezeigt bekommen, wer hier schon alles in den vergangenen 70 Jahren hinuntergestiegen ist und Musik gemacht hat.

Aus dem Domicil de Jazz wurde schnell der Jazzkeller. In den 60er- und 70er-Jahren nicht nur in Frankfurt der Inbegriff des Jazz – mit allen seinen unterschiedlichen Genres. Hier wurde der Frankfurter Albert Mangelsdorf zu einem der weltweit besten Posaunisten, ebenso sein Bruder Emil. So hatten beide im „Keller“ ihre zweite Heimat.

Der Jazz hatte gerade in diesen Jahren überall auf der Welt seine Hoch-Zeit. Im kleinen Keller nahe der Alten Oper gab sich das Who‘s Who des Jazz die Klinke in die Hand. Ob Louis Armstrong, Lionel Hampton, Dizzy Gillespie, Stan Getz, Volker Kriegel oder Bill Ramsey (der den meisten Bürgern noch als Schlagersänger bekannt war) und viele, viele andere. Für sie war der „Keller“ nicht nur eine Institution, sondern es war auch eine Inspiration für alle, die dort spielten.

Im Jazzkeller sind fast alle namhaften Größen des Jazz die 19 Stufen hinabgegangen. Die Gagen spielten in dieser Zeit nur eine geringe Rolle. Die meisten der Jazzmusiker hatten in Frankfurt ihre Auftritte in den großen Hallen, die im Anschluss meist im „Keller“ endeten.

Nach einigen Turbulenzen, die der Jazzkeller überstehen musste, war es Albert Mangelsdorf, der Eugen Hahn 1986 überzeugen konnte, den „Keller“ wieder aufzurüsten. Hahn, nicht nur brillanter Jazzbassist, sondern ein begeisternder Menschenfänger, führte ihn dann auch wieder zu neuer und weitaus größerer Blüte. Er öffnete den Jazzkeller weit über die US-amerikanische und europäische Jazzszene hinaus und holte lateinamerikanische und asiatische Musiker an den Main. In der Szene hieß es: „Wenn der Hahn ruft, dann kommen sie alle“ – und das taten sie. Im Gewölbe, dem Mekka des Jazz an der kleinen Bockenheimer, haben Generationen nächtelang Musik gemacht und durchgetanzt.

Mehr als 30 Jahre gehörte der Jazzkeller zu Eugen Hahn, der auch mit 70 Jahren nie ans Aufhören gedacht hat. „Es gibt immer noch was zu tun“ war sein unermüdliches Leitmotiv. Mit 79 Jahren ist Eugen Hahn 2020 gestorben. Die Trauer in der internationalen Jazz-Familie war groß. Die Sorgen aber, wie es nun weitergehe, waren schnell erledigt: Sohn Philipp Hahn, der schon als Kleinkind seinem Vater überallhin folgte, hat den Jazzkeller übernommen und ist stolz darauf, das Erbe seiner Vorgänger weiterführen zu dürfen.

Für die Gäste, die auch heute noch die 19 Stufen hinuntermüssen, wenn sie in den Keller wollen, scheint die Zeit hier unten stehen geblieben. Kleine Änderungen am Konzept hat Philipp Hahn vorgenommen. Die sanitären Anlagen sind neu und der QR-Code auf den kleinen Tischen informiert, was es Neues gibt. Aber natürlich ist Live-Jazz geblieben sowie der ureigene Charme – und wer einen Platz im Keller bekommen will, muss früh kommen.

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