Erinnerung an ein ungewöhnliches Journal: „Teuflische Jahre“ im Caricatura Museum „Mehr Sauerstoff ins Hirn bringen“

Kromschröder war zwölf Jahre bei „Pardon“, zuletzt als stellvertretender Chefredakteur.

Altstadt (zmo) – Für Gerhard Kromschröder bedeutete sein Engagement bei der Zeitschrift „Pardon“ eine reine Befreiung. Nach seinen vorausgegangenen Erfahrungen als Journalist im Emsland, wo er, wie er selbst sagt, „die Unaufgeklärtheit“ lernte, bekam er nun 1967 die Chance, bei einem Blatt zu arbeiten, das innerhalb kürzester Zeit mit mehr als 300.000 verkauften Exemplaren zur größten Satirezeitung Europas aufgestiegen ist. Das Markenzeichen der „Pardon“ war ein vom Karikaturisten F.K. Waechter entworfener Teufel, der scheinbar freundlich seine Melone zum Gruß hebt, um dabei jedoch diebisch lachend seine Hörner zu offenbaren.

Nun ist die vor 60 Jahren gegründete „deutsche satirische Monatsschrift“ längst Legende, aber nicht vergessen. In der Jubiläumsausstellung „Teuflische Jahre“ im Caricatura Museum, Weckmarkt 17, erinnerte Kromschröder, mittlerweile 81 Jahre alt, gemeinsam mit Museumsdirektor Achim Frenz an die Zeit von 1962 bis einschließlich 1982, als die Zeitschrift eingestellt wurde. Es waren die Karikaturisten Hans Traxler, Chlodwig Poth und Kurt Halbritter, die diese Zeitschrift 1962 in Frankfurt ins Leben riefen und sie „Pardon“ nannten. Warum, das wussten sie alle drei nicht.

In der Bevölkerung war die NS-Vergangenheit noch sehr präsent und mit der „Pardon“ wollten sie gegen die Prüderie, Aufrüstung und Verdrängung der NS-Vergangenheit ankämpfen. Dazu beitragen, aus der stagnierenden Bundesrepublik eine lebenswertere, demokratischere Gesellschaft zu machen und sie wollten „mehr Sauerstoff ins Hirn bringen“.

„Für mich war es wie ein zweites Leben“, so erinnert Kromschröder an die Anfänge, als „Pardon“-Redakteur. „Da war diese unruhig gewordene Nachkriegsjugend, die sich angesichts der Hohlheit des propagierten Wohlstandsoptimismus’ fiebrig alternativen Gesellschaftsmodellen entgegen träumte. Es war auch die Zeit der Studentenrevolten, „Pardon“ war das Blatt der Stunde.

„Springer sollte enteignet werden, auch unserem eigenen Verleger wollten wir die Produktionsmittel nehmen, es gelang beides nicht. Die Jugend engagierte sich mit vielen nicht erlaubten Mitteln gegen den Krieg in Vietnam und gegen den Muff von tausend Jahren, nicht nur unter den Talaren“, so lautet ein offensichtlich nicht bedauernder Rückblick Kromschröders.

„Pardon“ bezog immer Stellung, ergriff Partei. Das Konzept, Humor, Komik und Satire mit engagierten Texten und Reportagen zusammenzubringen, kam an. Karikaturen standen neben bissigen Polemiken. Alles war recht bunt gemischt, jedoch geeint in der kritischen Betrachtung der bestehenden politischen Verhältnisse. „Pardon“ wurde eine erste Adresse für viele journalistische Berufsanfänger wie Alice Schwarzer, Günter Wallraff oder Gerhard Kromschröder, aber auch bekannte Autoren wie Elke Heidenreich oder Peter Härtling hatten zeitweilig ihren Platz in den Redaktionsräumen. Die „Pardon“ wurde 1982 eingestellt. Die Ausstellung über sie im Caricatura Museum läuft bis 19. März und zeigt ihre Geschichte.

Museumsdirektor Achim Frenz freut sich schon, im Frühjahr mit Satire weiterzumachen: Gerhard Haderer aus Österreich präsentiert seine satirischen Zeichnungen und im Herbst, anlässlich des 100. Geburtstags von Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, wird im Caricatura Museum eine besondere Ausstellung für den wohl bekanntesten deutschen Humoristen stattfinden. Info auf caricatura-museum.de.

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Kommentare

PARDON-Gründer

Das ist ein ansich schöner Artikel über PARDON, was jedoch nicht stimmt, dass nur Traxler; Poth und co das Blatt gegründet haben. Das waren in erster Linie auch die beiden Verleger Erich Bärmeier und Hans A. Nikel. Vor allem hatte Nikel die Idee und beide die dafür notwendigen Finanzen durch ihren Verlag Bärmeier & Nikel. Das unter den Tisch fallen zu lassen hier ist Geschichtsfälschung.

Freundlich grüßt
Till Kaposty-Bliss
Mit-Kurator der PARDON-Ausstellung