Kinder pflanzen den Wald von morgen

Wildkirschen für den Waldrand haben die Klassen 4 a und 4 c der Freiherr-vom-Stein-Schule im Wald gepflanzt. Bild: wolf

Schulkinder aus Jügesheim und Dudenhofen helfen im Stadtwald bei der Wiederaufforstung nach dem großen Sturm. Sie pflanzen 850 Setzlinge: Elsbeeren und Vogelkirschen für den Waldrand, Eichen auf der Innenfläche. In den nächsten Jahren und Jahrzehnten können sie beobachten, wie „ihre“ Bäume gedeihen.

Rodgau – „O, ein kleiner Hase!“ Als die Kinder das Jungtier finden, sind alle Bäume vergessen. Beinahe wäre jemand auf das Häschen getreten, das unter einem Grasbüschel verborgen lag. Wie kommt ein Hase in die eingezäunte Fläche im Jügesheimer Wald? „Der lebt hier“, sagt Forstwirt Christoph Dill, nimmt das Tierchen vorsichtig auf und bringt es in Sicherheit. Natürlich mit Handschuhen, damit es keinen Menschengeruch annimmt.

Ein paar Minuten später stechen die Kinder wieder den Hohlspaten in den Boden und pflanzen Setzlinge ein.

Fast 40 Viertklässler der Freiherr-vom-Stein-Schule beteiligen sich an diesem Dienstag an der „Schulwäldchen-Aktion“. Weil die S-Bahn wegen eines Oberleitungsschadens nicht fährt, haben sie die viereinhalb Kilometer nach Jügesheim kurzerhand zu Fuß zurückgelegt. Am Waldrand hinter dem Maingau-Energie-Stadion ist ein halber Hektar eingezäunt. Vor vier Jahren stand dort noch ein stattlicher Baumbestand. Dann kam der 18. August 2019. Ein Sturm fegte durch den Kreis Offenbach und hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Die Kinder, die heute bei der Pflanzaktion helfen, hatten damals gerade ihren ersten Schultag hinter sich. Die Setzlinge liegen in unscheinbaren Bündeln bereit, die Wurzeln zum Schutz vor Austrocknung mit Erde bedeckt. Und das sollen mal Bäume und Büsche werden? Und ob! Wildkirschen, Elsbeeren und Schneeball-Büsche sollen künftig den sogenannten Waldinnenrand bilden: ein Paradies für Bienen und Vögel, das später den höheren Baumbestand schützen soll. An den Elsbeere-Setzlingen sind schon Blattknospen sichtbar. „Höchste Zeit, dass sie in die Erde kommen“, sagt Steffen Freckmann, der im Rathaus den Fachbereich Forst leitet.

Und dann geht’s los: alle 50 Zentimeter ein Bäumchen. Rot-weiß lackierte Holzstangen markieren die Pflanzlinie. Forstwirt Simon Hoffmann zeigt einem Jungen, wie er die nächste Stange anvisieren kann. Jetzt beginnt die eigentliche Pflanzarbeit: Mit dem Hohlsparen zweimal einstechen, ein länglich-rundes Stück Boden entnehmen, den Setzling in das Loch halten, die Erde wieder einfüllen und mit dem Schuhabsatz festtreten. Dann kommt die Standprobe: Mit zwei Fingern zieht man an der Jungpflanze. Wenn sie fest sitzt und im Boden nicht mehr wackelt, ist alles in Ordnung.

Nicht immer ist die Arbeit so kinderleicht. Manchmal behindern Wurzeln im Boden das Ausheben des Pflanzlochs. Oder die Körperkraft eines Kindes reicht nicht ganz aus, um den Spaten tief genug einzustechen. Dann hilft einer der Erwachsenen.

„Bin ich froh, dass ich heute feste Schuhe angezogen habe und nicht meine weißen Sneaker“, sagt ein Mädchen zu seiner Mitschülerin. Und auch die Winterjacken, Mützen und Handschuhe haben ihre Berechtigung. Hauptsache, der kalte Wind dringt nicht durch. Sogar die städtischen Forstwirte haben sich besonders dick eingepackt, obwohl sie es gewohnt sind, im Freien zu arbeiten.

Auch heute sind zwei Schulklassen aus Dudenhofen als Pflanzhelfer im Jügesheimer Wald.

Nächste Woche ist eine weitere Schulwäldchen-Aktion. Dann wandert die Carl-Orff-Schule mit allen 275 Schülern zum Wald östlich der Bundesstraße 45. In der Nähe der Modellflugwiese pflanzen die Kinder etwa 500 Eichen. Der Rotary-Club Rodgau und die Werte-Stiftung Frankfurt haben die Setzlinge bezahlt. Ein Zaun schützt den jungen Baumbestand davor, von Rehen angeknabbert zu werden.

Von Ekkehard Wolf