Wäldchen nicht mehr zu retten

Die Luftaufnahme zeigt drastisch, wie licht das geschundene Waldstück zwischen Weiskircher Straße, Auffahrt zur B 45 und Jügesheimer Waldfriedhof inzwischen ist. Bild: privat

Jügesheim – Die Waldstücke gegenüber der Feuerwehr Mitte und der EVO Sportfabrik sind wohl nicht mehr zu retten. Immer mehr Nadelgehölze in den von Stürmen und zwei Dürresommern geschundenen Wäldchen fallen um oder knicken ab. Unter Anwohnern besteht die Sorge, dass Bäume auf die stark befahrene Abfahrt der B 45 und die Weiskircher Straße fallen könnten. Anlieger fragen: Sollte die Stadt nicht auf die Besitzer der kleinen Waldstücke zugehen mit der eindringlichen Bitte, Schlimmeres durch rechtzeitiges Abholzen zu verhindern? Schließlich sei „Gefahr im Verzug“.

Der Stadt seien die Hände gebunden, lässt eine Sprecherin der Stadtverwaltung auf Anfrage wissen. „Wir haben keine Handhabe.“ Es handele sich um Privatgrund. Und es sei immer die Frage, wie weit der Staat sich da einmischen sollte und könne. Die Eigentümer der vielen kleinen Stücke stammten teils aus Rodgau. Vorsorge zu treffen, liege allein in deren Verantwortung. Ob tatsächlich Gefahr im Verzug sei, lasse sich nicht so einfach feststellen. „Und alles im Voraus einfach abzuholzen, kann es auch nicht sein.“

Direkt an der Straße sei die Lage anders. Dort habe das hessische Straßenbaumanagement Hessen Mobil schon 2022 seine Verkehrssicherungspflicht erfüllt und in einer größeren Aktion Gefahrenbäume abholzen lassen – „auch über Grundstücksgrenzen hinweg“, erzählt die Pressesprecherin. Tatsächlich waren im März 2022 etwa 3 000 tote oder kranke Bäume entlang der Straße niedergelegt worden.

An den Mittelpunkt des Wäldchens, direkt gegenüber der Sportfabrik, würden Hessen Mobil und Stadt aber keine Hand anlegen. Dort befänden sich diverse kleine private Parzellen. „Ungefähr dort, wo die BMX-Bahn ist.“ Diese Ecke bleibe sich selbst überlassen. Um Zugriff zu haben, habe die Stadt allerdings in dem Stück unweit der Rußfabrik einige Privat-Areale gekauft und gefällt, was gefällt werden musste. „Wir nehmen das alles sehr ernst und tun etwas, wo wir es können. Aber auf privatem Grund müssen wir uns heraushalten.“ Manchmal gibt die Stadt Privatbesitzern trotzdem unmissverständliche Hinweise. Zum Beispiel 2019, nachdem Fallböe „Bernd“ auch im Wäldchen am Jügesheimer Schützenclub Diana großen Schaden angerichtet hatte. Waldbesitzer bekamen einen Brief, der die Verkehrssicherungspflicht einforderte und Haftungsfragen erläuterte. Das Ausmaß des Klimawandels wird in dem Gebiet an der Weiskircher Straße drastisch sichtbar. Je mehr sich das todkranke Waldstück lichtet, desto deutlicher wird die zerstörerische Kraft der Temperaturverschiebungen. Insofern wirkte die Aktion von 2022 fast ein bisschen hilflos: Fünf Bäume wurden gefällt. Diese Lücke gab dann den Blick frei auf zehn weitere, die ebenfalls geschlagen werden müssten. Eine Kette ohne Ende. „Bald wird nichts mehr übrig sein. Aber die Hoffnung bleibt, dass neue Bäume nachwachsen. Manche davon sind schon zu sehen“, mag Anwohner Heinz Mahr den Mut dann doch nicht sinken lassen.
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