NATURSCHUTZ Ehrenamtliche sorgen mit Streuobstwiesen für Vielfalt bei Pflanzen und Tieren Die artenreichsten Lebensräume

Kreisbeigeordneter Carsten Müller (2. von rechts) übergibt den Scheck über 5 000 Euro an Agfa-Vorsitzenden Hartmut Müller (4. von rechts) und die Agfa-Mitglieder. Bild: oehl

Zellhausen – Blätter, geschweige denn Obst, tragen die Bäume auf der Wiese „Im Giern“ am Zellhäuser Ortsausgang noch nicht. Doch der Anfang ist gemacht. 27 Obstbäume haben die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Fledermaus- und Amphibienschutz Seligenstadt und Mainhausen (Agfa) im Herbst vergangenen Jahres dort gepflanzt. Entstehen soll eine Streuobstwiese, die nicht nur Obst bringt, sondern vor allem Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten bietet.

„Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen bei uns“, erklärt Agfa-Vorsitzender Hartmut Müller. Vorwiegend Apfelbäume hat der Verein auf der Zellhäuser Wiese gepflanzt. Die Bäume selbst bieten Lebensraum für viele Insektenarten, sagt Hartmut Müller. „In diesem Bereich ist aber auch ein Steinkauz unterwegs. Und auch Vögel wie Wiedehopf, Gartenrotschwanz und viele Spechtarten würden von der Streuobstwiese profitieren.“ Trotzdem ist die Art des Obstbaus in Deutschland relativ selten. Laut einer Nabu-Schätzung gibt es deutschlandweit etwa 300 000 Hektar Streuobstflächen, von denen 95 Prozent Streuobstwiesen sind. Das entspricht etwa 0,8 Prozent der gesamten deutschen Landesfläche.

Seit den 1980er-Jahren bemühen sich Naturschützer, Landwirte und öffentliche Instanzen wieder, Streuobstbestände zu fördern und zu schützen. So auch die Agfa in Seligenstadt und Mainhausen. Aktuell pflegt der Verein die Grünflächen auf neun Wiesen, in Mainhausen und Seligenstadt kümmern sie sich um jeweils zwei, in Hainstadt um eine Streuobstwiese. „Die Fläche ,Im Giern’ wurde früher bereits als Streuobstwiese genutzt, bevor die Bäume dort illegal gerodet wurden“, erzählt Hartmut Müller. Im vergangenen Jahr hat der Eigentümer dem Verein die Fläche für 20 Jahre zur Verfügung gestellt, um den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Gerne würde der Verein die Streuobstwiese auch auf umliegende Flächen erweitern. „Leider ist es für uns schwierig, die Eigentümer der einzelnen Flächen ausfindig zu machen“, sagt Müller.

Die Bäume, die die Mitglieder der Agfa auf der Streuobstwiese „Im Giern“ gemeinsam mit den Baumpaten gepflanzt haben, sind vor allem alte Apfelsorten, die dort wieder vitalisiert werden sollen. Zehn Jahre dauere es etwa, bis sie die ersten Früchte tragen. Ob sie auch mit dem sich ändernden Klima zurechtkommen, müsse man abwarten. „Damit die Bäume richtig wurzeln, müssen wir fünf Jahre lang kontinuierlich gießen. Wenn es sehr trocken ist, gießen wir auch länger“, sagt Müller.

Und auch die Wiese, auf der die Bäume stehen, wird von den Agfa-Mitgliedern gepflegt. Dort wächst, wie bereits im vergangenen Jahr, eine Blühwiese, in der vor allem Wildbienen Nahrung und Unterschlupf finden. Um die Wiese insektenfreundlich mähen zu können, hat der Verein nun einen Zuschuss von 5 000 Euro von der Stiftung „Miteinander Leben“ des Kreises Offenbach für einen Traktor mit Messerbalken (Kosten: 45 650 Euro) bekommen. Kreisbeigeordneter Carsten Müller übergab den Scheck symbolisch an die Vereinsmitglieder, die sich aktiv in der Landschaftspflege engagieren. Er selbst ist ebenfalls Pate eines Baumes auf der zweiten Streuobstwiese in Mainhausen. „Jeder Baum trägt zur Artenvielfalt bei“, sagt Carsten Müller.

Dafür, dass diese erhalten bleibt, soll auch das neue Gefährt sorgen. Zwar sei das Mähen damit aufwendiger, im Gegensatz zu den rotierenden Mähwerken in der Landwirtschaft kämen dabei aber nur halb so viele Insekten zu Schaden. Das Mähgut will der Verein Landwirten geben, die es zum Eigenbedarf auf der Streuobstfläche trocknen und später zu Ballen pressen können.

Von Laura Oehl