Heusenstammer Ortsverein feiert 150-jähriges Bestehen „Besonderes Klima für die SPD“

Feierstimmung zum Jubiläum (von links): Bürgermeister Halil Öztas, Florian Hain, Tuna Firat, Uta Zapf, Thorsten Schäfer-Gümbel, Ulrike Alex, Gerd Hibbeler, Helga Heinrich und Rolf Lang. Foto: Wittekopf

Heusenstamm (bw) – Vor etwa 150 Jahren, also vermutlich im Jahr 1866, gründete der Heusenstammer Johann Ohlig den Ortsverband des Arbeiterwahlvereins, der als Vorläufer der heutigen Sozialdemokratischen Partei Deutschland (SPD) gilt.

Die ungerechte Behandlung der Arbeiter, die unter gefährlichen und unzumutbaren Umständen arbeiten mussten, sowie der geringe Lohn, der immer nur knapp über dem Existenzminimum lag, führten immer wieder zu Unruhen und letztlich zur Gründung einer Arbeiterbewegung.

Einflussreiche Menschen wie Karl Marx und Friedrich Engels, waren die geistigen Führer dieser Bewegung. Mutige Menschen wie Ohlig und Ferdinand Lasalle forderten schon sehr früh die Gründung einer Partei und die Einführung des Wahlrechts.

Schließlich wurde im Jahr 1863 der Allgemeine Deutscher Arbeiterverein (ADAV) aus der Arbeiterbewegung heraus gegründet. Ohlig gilt als Mitbegründer der SPD, denn er war einer von 120 Delegierten, die 1875 in Gotha den Zusammenschluss zwischen „ADAV“ und der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ zu der „Sozialistischen Arbeiterpartei“ beschlossen.

Ihren heutigen Namen SPD erhielt die Partei erst weitere fünf Jahre später.

Als Ohlig den Ortverband Heusenstamm gründete, der seinerzeit zu den größten Ortsverbänden Deutschlands gehörte, zählte Heusenstamm gerade einmal etwas über 1000 Einwohner. Als Sozialdemokrat stand Ohlig auf der schwarzen Liste der Unternehmen, fand keine Arbeit und gründete deshalb seinen eigenen Gemischtwarenladen. Er arbeitete als Schreiber für die Krankenkasse Eintracht in Heusenstamm und ist Mitbegründer des Gesangvereins Konkordia.

Eigentlich sollte die 150 Jahrfeier schon im vergangnen Jahr ausgetragen werden, aber schließlich stand die Bürgermeisterwahl auf dem Programm und man konzentrierte sich eher darauf.

Jetzt, drei Wochen vor der Bundestagswahl, feierte man schließlich dieses denkwürdige Ereignis gebührend in der Maingauhalle in der Jahnstraße 3. Unter den Gästen befanden sich der SPD Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel, der SPD-Direktkandidat des hiesigen Wahlkreises Tuna Firat, die hessische Landtagsabgeordnete Ulrike Alex sowie die ehemalige Bundestagsabgeordnete Uta Zapf, der Kreisbeigeordnete Carsten Müller sowie viele Heusenstammer Vereinsvorsitzende.

Florian Hain, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins begrüßte die zahlreichen Gäste. „Dieses Jubiläum ist ein ganz besonderes Ereignis, denn es kommt nicht oft vor, dass eine Partei so lange existiert.“ Allerdings sei das Gründungsdatum nicht wirklich festzustellen.

„Wenn wir ehrlich sind, wissen wir das nicht so genau“, sagt Hain. Deshalb habe sich der Heusenstammer Ortsverein dazu entschlossen, ein Jahr festzulegen. In seiner Festrede ging er auf den Gründervater Johann Ohlig ein, der als große Führungskraft der Arbeiterbewegung galt und immer wieder Unterdrückung und Repressalien durch die Sozialistengesetze im Kaiserreich erfahren musste. „Er war ein Sozialdemokrat der ersten Stunde“, sagte Hain. „Deshalb bin ich stolz darauf, dass unser Ortsverein auf so einen Mann zurückgeht.“

Gastredner Thorsten Schäfer-Gümpel, SPD-Bundesvize, überbrachte die besten Glückwünsche des hessischen Landesverbandes und von Kanzlerkandidat Martin Schulz.

„150 Jahre sind eine große Seltenheit, aber es spricht dafür, dass in Heusenstamm schon immer ein besonderes Klima für die SPD in Heusenstamm gegeben hat.“

Schäfer-Gümbel sprach von der Gründungszeit der SPD und den katastrophalen Verhältnissen, unter denen die Arbeiter leben und arbeiten mussten. Sinnbildlich für den Auftrag und die Gründungsidee der SPD sieht er den Weberaufstand, bei dem 1844 viele Weber ihre Arbeit und damit ihre Existenzgrundlage in drastischem Tempo verloren.

Aber er sprach auch von den Erfolgen der SPD-Politik wie die Einführung des Frauenwahlrechts oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und er mahnte an, weiter für diese Errungenschaften zu kämpfen. „Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern müssen hart arbeiten, damit diese Werte nicht wieder verloren gehen.“

Auch Ulrike Alex sandte Grußworte. Sie sprach von Grundwerten der Sozialdemokratie, die ihrer Meinung nach in vielen Menschen stecken. „Wenn sie sich die Grundwerte der Sozialdemokratie anschauen, dann könnten sie feststellen, dass in ihnen ein Sozialdemokrat steckt.“ Als Gastgeschenk überreichte sie eine Popcornmaschine, die die gute Laune und die Kämpferfähigkeit der Genossen erhöhen soll.

Der SPD-Direktkandidat Tuna Firat sprach von dem lebendigen politischen Leben, dass er in seiner Partei sieht. „Wichtig ist es, dass wir den Dialog haben. Wir müssen um die richtigen Argumente streiten.“ Für ihn ist der Ortsverband der Ort, an dem die die Debatte beginnt und über die Bezirks- und Landesverbände nach oben getragen wird. „Der Kampf um die Gerechtigkeit lohnt sich. Bleiben sie dabei.“ Grußworte überbrachte Hans Mühlhaus, Vorsitzender der Freien Wähler. Als Geschenk überreichte er Eisgutscheine und er empfiahl, diese bei der nächsten Vorstandssitzung zu nutzen, um einen kühlen Kopf zu bewahren. Auch Heiner Wilke-Zimmermann, von den Bündnisgrünen überbrachte Glückwünsche. Er sieht in Johann Ohlig ein großes Vorbild. „Er hat viel für die Stadt getan und viel erreicht“, sagte er. „Aber ich sehe kein Denkmal oder eine Straße, die nach ihm benannt ist.“ Als Gastgeschenk überreichte er einen Thermobecher, der die gute Stimmung in der SPD symbolisch warm hält.

Bürgermeister Halil Öztasbeschloss die Liste der Gastredner. Er gratuliere seiner Partei und überbrachte Glückwünsche des Magistrats und der Stadtverwaltung. Öztas sprach von den Erfolgen, die die Koalition in Heusenstamm bisher erreicht habe und den Aufgaben, die noch vor ihr lägen. „Das Bündnis geht auf Themen ein, die bisher nicht so im Fokus waren.“

Musikalisch begleitet wurde die Feier von der Stadtkapelle unter der Leitung von Kerstin Assmann-Schulz und Alexander Richter (Klavier) und Aubrey Sabalye (Gesang).

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