Virtueller ADFC-Stammtisch spricht über Verkehrssituation in Heusenstamm Für eine bessere Radler-Zukunft

Im Wendehammer in der Stettiner Straße gibt es mit der Gullyabdeckung eine böse Falle für Radler.

Heusenstamm – Auch die zweite Auflage des virtuellen ADFC-Radlerstammtischs war mit 20 Teilnehmern nicht nur gut besucht, sondern unter der Moderation von Roland Heidl auch einmal mehr bestens strukturiert. „Eine gewisse Leidensfähigkeit muss man bei dem Thema schon mitbringen“, zog Heidl am Ende des mehr als zweistündigen Gespräches Bilanz.

Der leidenschaftliche Radfahrer weiß, wovon er spricht. Wie kaum ein anderer Bürger in Heusenstamm ist er in die Tiefen der örtlichen Zweiradmöglichkeiten eingetaucht. Monatelang war er unterwegs, um die Radverbindungen in und um Heusenstamm zu testen. Herausgekommen ist eine Dokumentation samt Bildmaterial und Plänen, an der auch Martin Luprich beteiligt ist.

Aufgeführt ist dort, wo es sich gut radeln lässt und wo die Stolperfallen liegen. Bereits im vergangenen Jahr hat Heidl das informative Werk den Mitgliedern des Bau- und Verkehrsausschusses überreicht. Eine Reaktion ist indes ausgeblieben. Für die Online-Gesprächsgruppe stand das Thema Sicherheit der Fahrradrouten ganz zuvorderst. Auch hier war Roland Heidl gut vorbereitet. In einem Gespräch mit Harry Keckeis, dem Leiter der örtlichen Polizeistation, hatte er sich über Unfälle mit Fahrradfahrern informiert. Danach gab es in den letzten drei Jahren 42 entsprechende Zusammenstöße, auch mit Schwerverletzten, schwerpunktmäßig auf der Frankfurter Straße zwischen der Bahnlinie und dem Feuerwehrkreisel.

Während Heidl meinte, das sei noch relativ überschaubar, betonte Jochen Friedrich, gerade die Frankfurter Straße sei schon lange ein Thema. Zu eng und zu unübersichtlich, lauteten auch die Klagen seiner Mit-Diskutanten. „Das ist ein neuralgisches Feld, auch für Fußgänger“, betonte Friedrich. Dazu ergänzte Hans Driedger: „Unfallzahlen sind auch nicht alles, viele Erwachsene und Kinder trauen sich gar nicht, dort Fahrrad zu fahren.“ Daher sei es höchste Zeit, dass Zweiradfahrer als Standard im Verkehr und nicht mehr als Exoten angesehen werden. Allerdings schränkte Driedger ein: „Natürlich will niemand die Autofahrer rausdrängen, sondern sie eher überzeugen.“

Joachim Friedrich schlug vor, eine verkehrsberuhigte Zone im gesamten Innenstadtbereich anzulegen. „Es wäre wunderbar, wenn die Autos dann geradezu dahinschweben.“

Bereits im letzten Sommer habe die Stadtverordnetenversammlung ein Radverkehrskonzept beschlossen, erinnerte Heidl weiter. Aktuell aber spreche Bürgermeister Steffen Ball eher von einem Nahverkehrskonzept. „Wenn dadurch mehr Aufgaben dazu kommen, dauert es nochmal länger“ fürchtete der Fahrrad-Experte.

Die Chancen, etwas zu ändern, seien aber nie besser gewesen als jetzt, wandte Martin Luprich ein. „Die Mühlen drehen sich langsam, aber wir sollten die Hoffnung im Sinne unserer Kinder und Enkel nicht aufgeben.“

Gesammelt wurden in dem Online-Stammtisch auch konkrete Ideen für eine bessere Radler-Zukunft. Neben dem Ruf nach mehr Kontrollen und dem ein oder anderen zusätzlichen Blitzer erschien etwa ein Überholverbot für Autos an mancher Stelle als schnelle und kostengünstige Lösung. Ebenso blickten die Teilnehmer auf vorbildliche Kommunen wie etwa Konstanz und Orte in den Niederlanden. Erwähnung fand auch Großbritannien, wo der schwächere Verkehrsteilnehmer seit einiger Zeit grundsätzlich besonders geschützt ist. Nicht zuletzt machte Roland Heidl auf die Aktion „Verkehrswende Hessen“ aufmerksam. Das Volksbegehren fordert ein Verkehrswendegesetz mit unter anderem einem hessenweiten Radwegenetz, breiteren Gehwegen und mehr Sicherheit auf den Schulwegen. Wer sich anschließen möchte, kann entsprechende Vordrucke bei Roland Heidl, Borsigstraße 27, abholen.

Von Barbara Scholze