Jüngstes Buch des Heimat-und Geschichtsvereins behandelt Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg Als Heusenstamm für Viele zur neuen Heimat wurde

Heusenstamm (red) –„Wir stehen auf dem Standpunkt, wenn ein Sack voll ist, muss er einmal abgebunden werden, und was nicht geht, das geht einfach nicht.“

„Mit diesen markigen Worten protestierte der Heusenstammer Bürgermeister im Dezember 1946 gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen und verwies auf den Umstand, dass in der Volksschule noch immer 21 Familien untergebracht seien“, erläutert der Heusenstammer Michael Kern. „Dies zeigt deutlich, vor welchen Herausforderungen die kleine Gemeinde in der frühen Nachkriegszeit stand. Rund 800 Vertriebene hatten bis dahin Heusenstamm erreicht.“

Michael Kern, viele Jahre Geschichtslehrer am Adolf-Reichwein-Gymnasium, hat zu diesem Thema nun ein Buch geschrieben, das er unlängst der interessierten Öffentlichkeit im Heusenstammer Haus der Stadtgeschichte präsentierte. Die Bezüge zur Gegenwart lägen hierbei nahe. So habe der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins, Roland Krebs, in seiner Begrüßung betont, dass dieses Werk auch zur Versachlichung der gegenwärtigen Debatten über die Migration beitragen könne.

Das Buch trägt den Titel „Neue Heimat Heusenstamm – Flucht, Vertreibung, Neubeginn am Ende des Zweiten Weltkriegs und in der frühen Nachkriegszeit“.

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Es schildert im ersten Teil („Zurücklassen“) an drei Einzelbeispielen (Werner Zafita, Ilse Kölbl, Karl Wächtler), was es bedeutete, von der Heimat vertrieben zu werden und wie diese Menschen 1945/1946 nach Heusenstamm gelangten.

Im zweiten Teil („Ankommen“) wird dargelegt, wie die Gemeinde das Zusammenleben organisieren musste. Dazu gehörten die Einquartierungen der Vertriebenen in die Privathäuser, welches für beide Seiten zu Unannehmlichkeiten führte. Auch werden die Vorbehalte angesprochen, mit denen die Vertriebenen zu kämpfen hatten.

Im dritten Teil („Bleiben“) wird die Entwicklung der Fünfziger- und Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts aufgegriffen. Am Ortsrand entstanden Nebenerwerbssiedlungen (Ostendstraße; Ostpreußenstraße) und mit dem BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) wirkten die Vertriebenen auch in der Kommunalpolitik mit.

In diese Zeit fiel auch die Entscheidung des Stadtparlaments, die Volksschule nach dem böhmischen Dichter Adalbert Stifter zu benennen, was mit der Ankunft vieler Sudetendeutscher zu erklären ist.

Erhältlich ist das 130 Seiten umfassende Buch zum Preis von 10 Euro bei der Buchhandlung „Das Buch“ und bei „Schreibwaren Döbert“, beide befinden sich in der Frankfurter Straße